Imagegewinn durch soziales Engagement

■ Fachtagung zu Soziosponsoring soll freien Trägern und Projekten Know-how für neue Finanzierungswege vermitteln / Wichtig für Sponsoren: Glaubwürdigkeit

Ein Gewichtheber in schwarzem Trikot und von eher zarter Statur stemmt zwei Gewichte aus überdimensionalen 1-Mark-Stücken hoch und weist auf ein Plakat. „Stärkung gefällig?“ steht da über einem rustikalen Korb, der mit Äpfeln, Möhren und Bananen gefüllt ist. Wer neugierig zum Obst greift, an dem ein Faltblatt hängt, hat im wahrsten Sinne des Wortes angebissen. Mit dem originellen Werbematerial präsentiert sich beim Infomarkt der Fachtagung „Fundraising und Soziosponsoring“ eine Agentur, die Projekten hilft, einen Sponsor zu finden.

Rat ist gefragt, denn kleinen Projekten und großen Wohlfahrtsverbänden fehlt es gleichermaßen an Know-how, wie sie diese ungewohnte Art der Geldbeschaffung angehen sollen. Die dreitägige Fachtagung in der Neuköllner Werkstatt der Kulturen, die heute zu Ende geht, soll ihnen dabei auf die Sprünge helfen. Die Resonanz ist groß. Trotz des happigen Konferenzbeitrags von 595 Mark meldeten sich 116 TeilnehmerInnen.

Doch nicht nur die Projekte, auch die Unternehmer tun sich noch schwer mit dem Soziosponsoring, stellte Manfred Bruhn, Professor an der European Business School, fest. „Es wird viel falsch gemacht auf beiden Seiten“, sagte er eingangs. Beim Sponsoring von sozialen Projekten gelten andere Gesetzmäßigkeiten als beim Sponsoring von Sport und Kultur. Kraß gesagt: Anders als bei Sportlern, die als Werbeträger das Firmenemblem auf dem Trikot tragen, ist es schlicht unmöglich, Street-Worker mit Firmen-Logo auf dem T-Shirt loszuschicken. Dies ließe den Sponsor kaum glaubwürdig erscheinen. Ohne Glaubwürdigkeit funktioniert Soziosponsoring aber nicht. Denn anders als bei einer Spende gilt beim Sponsoring das Prinzip der Gegenleistung. Die Unternehmen erhoffen sich einen Imagegewinn durch soziales Engagement. Deshalb müssen Sponsor und Projekt gut zusammenpassen. „Es funktioniert nicht, wenn eine Firma ein Umweltprojekt unterstützt und selbst nicht umweltfreundlich produziert. Das gleiche gilt, wenn ein Unternehmen ein Behindertenprojekt finanziert und selbst die Behindertenquote bei seinen Beschäftigten nicht erfüllt“, führte Bruhn aus.

Während das Interesse am Soziosponsoring bei den Projekten in dem Maße wächst, wie öffentliche Haushalte und damit die Zuwendungsgelder schrumpfen, sieht Bruhn „keinen Grund zu Euphorie“. Zwar gebe es eine große öffentliche Diskussion um Soziosponsoring, doch auf seiten der Unternehmen „passiert faktisch nichts“. Derzeit spielt Soziosponsoring eine recht geringe Rolle. Bruhn prognostiziert, daß sich dies in den neunziger Jahren auch nicht wesentlich ändern wird. Denn zum einen sei Soziosponsoring „ein Kind der Hochkonjunktur“ und zum anderen wüßten auch die Unternehmen selbst noch nicht so recht, wie sie dieses Kommunikationsinstrument handhaben sollten.

Entsprechend klein ist bislang der Markt für Sozio- und Ökosponsoring: 1993 gaben Firmen bundesweit 100 bis 150 Millionen Mark dafür aus. Eine Summe, die sich nach Bruhns Prognosen im nächsten Jahr auf höchstens 200 Millionen Mark steigern läßt. Alles Peanuts angesichts der 1,2 bis 1,4 Milliarden Mark, mit denen bundesdeutsche Unternehmen jährlich den Sport unterstützen.

Doch den Betrieben ist durchaus bewußt, daß sie zunehmend auch nach ihrer sozialen Kompetenz beurteilt werden. Soziosponsoring wird als Teil einer Unternehmenskultur begriffen, die der Firma eine Identität gibt. Zudem sei sie „ein Mittel zur Unterscheidbarkeit“, mit dem sich die Firma am Mark positioniert, um zu überleben, wie der Öffentlichkeitsreferent von IBM, Herbert Herz, formulierte.

Doch wie beim Verteilungskampf um öffentliche Gelder ist auch hier die Konkurrenz stark: Große Firmen erhalten täglich bis zu 400 Briefe, deren Absender auf einen Sponsorenvertrag hoffen. Dorothee Winden