■ Das Portrait
: Volker Beck

Offen schwuler Kandidat Foto: bonn-sequenz

Auch ein Realo hat Visionen: Für den Grünen und Schwulenfunktionär Volker Beck ist es die Vorstellung, Homosexualität irgendwann so „alltäglich zu machen, daß die Kategorien schwul, lesbisch und hetero verschwinden“. Doch selbst dann würde der 33jährige, der bereits zum zweiten Mal als offen schwuler Kandidat für den Bundestag antritt, das Politikmachen nicht lassen. „Der Kampf um die Köpfe geht immer weiter. Das gesellschaftliche Klima kann immer wieder kippen.“

Der arbeitslose Kunsthistoriker, der bei einem grünen Ergebnis von sieben Prozent ins Parlament käme, ist auch Sprecher der Homo- Organisation Schwulenverband in Deutschland (SVD). Dort sorgt er für eine so effektive Presse- und Lobbyarbeit, daß mancher in der Schwulenbewegung ebenso genervt wie gemein aufstöhnt: „Beck, der ist so glitschig, der rutscht überall rein.“ Linke Schwule mögen die Mainstream-Rhetorik des Pragmatikers gar nicht.

Den Weg zum Berufspolitiker hatte Beck bereits eingeschlagen, als er 1990 vom linken BVH (Bundesverband Homosexualität) zum realpolitischen SVD wechselte. Für die Grünenfraktion in Bonn war er seit 1987 als Schwulenreferent tätig. Grund für seinen Ausstieg beim BVH: Beck hatte – wie er selbst formuliert – „Fundamentalopposition“, „schwule Erziehungsdiktatur“ und „gegenseitige Blockaden“ satt.

In einer möglichen rot- grünen Koalition will der in Köln lebende Schwabe einen „Bundesschwulenbeauftragten“, die Öffnung der Ehe für Schwule und Lesben sowie ein „Rechtsinstitut für nichteheliche Lebensgemeinschaften“ durchsetzen. Außerdem: Ein Antidiskriminierungsgesetz und eine finanziell stabile Aidspolitik.

Ein kompaktes Reformprogramm – doch für seine schwulen Gegner bleibt Beck weiter ein tiefrosa Tuch. Gar nicht nett fanden linke und autonome Schwule, daß der SVD in diesem Sommer einen Kranz für schwule NS- Verfolgte an Kohls „Kranzabwurfstelle“ Neue Wache in Berlin ablegen lassen wollte – dort wird der Opfer und Täter gleichermaßen gedacht. Beck wird auch seine harte Abgrenzungslinie in Sachen Pädophilie vorgehalten und daß er in der Frage von Gewalt gegen Schwule der „Opferideologie“ anhänge. Tatsächlich rechnet Beck vor, daß die Homos bei den Attacken gegen Minderheiten die „führende Opfergruppe“ seien und „bei den Tötungsdelikten ganz vorn liegen“. Hans-H. Kotte