„Anblick des Afrikaners reichte aus“

■ Mordanschlag auf einen Ghanaer: Die vier mutmaßlichen Täter sitzen seit gestern in Untersuchungshaft

Berlin (taz) – Das Amtsgericht Oranienburg hat Haftbefehl gegen vier rechtsradikale junge Männer im Alter von 15, 17, 18 und 27 Jahren erlassen. Sie werden des versuchten gemeinschaftlichen Mordes verdächtigt. Nach Auskunft der Staatsanwaltschaft Neuruppin besteht gegen sie der „dringende Tatverdacht“, in der Nacht zum 17. September einen 25jährigen Ghanaer zwischen Berlin und Oranienburg aus einer fahrenden S-Bahn geworfen und ihm dabei einen Schädelbasisbruch zugefügt zu haben. Alle vier wurden gestern in Untersuchungshaft genommen.

Als erster war am Mittwoch abend ein 18jähriger Oranienburger, der bisher als S-Bahn-Surfer bekannt war, aufgegriffen worden. Er gestand, mit seinen drei Begleitern den Asylsuchenden überfallen, beraubt und aus dem Zug geworfen zu haben. Als Motiv gab er „Rechtsradikalität“ an. Ferner erklärte er nach Polizeiangaben bei der Vernehmung, der „Anblick des Afrikaners habe ausgereicht“. Die übrigen drei wurden am Donnerstag festgenommen. Sie haben bisher nicht gestanden.

„Die letzten Widersprüche in den Aussagen des Rechtsradikalen und des Ghanaers sind allerdings noch nicht geklärt“, erklärte Staatsanwalt Gerd Schnittcher gestern gegenüber der taz. So ist unter anderem noch unklar, ob tatsächlich 15 Zeugen dem brutalen Überfall in der S-Bahn zugeschaut hätten, ohne einzugreifen oder anschließend die Polizei zu benachrichtigen. Dies behauptet der Ghanaer. Der Geständige gab dagegen an, das Opfer sei alleine im Wagen gewesen. Aus „polizeitaktischen Erwägungen“ würden zu diesem Punkt im Moment keine Angaben gemacht, so Schnittcher. In einem anonymen Brief an die Oranienburger Polizei hatte sich zuvor noch eine weitere Gruppe als Täter bezichtigt. Dieser Brief werde aber nicht sehr ernst genommen, erklärte der Staatsanwalt. jgo