Drei Spieltheoretiker teilen sich Nobelpreis

■ Erstmals deutscher Ökonom geehrt

Bremen (taz) – Selbst in der eigenen Zunft sind die drei Nobelpreisträger für Wirtschaftswissenschaften wenig bekannt. Dabei ist mit Reinhard Selten, der zusammen mit C. Harsanyi und J. F. Nash geehrt wird, erstmals ein deutscher Mathematikökonom unter den Preisträgern. Längere Zeit forschte und lehrte er in Bielefeld, heute sitzt er auf einem Lehrstuhl der Bonner Uni.

Die drei Wissenschaftler haben die durch John von Neumann und Oskar Morgenstern begründete Spieltheorie weiterentwickelt. Ein Blick auf ihre Forschungsarbeiten schreckt wegen der hochkomplexen Mathematik ab. Dabei sind die dargestellten Entscheidungssituationen alltäglich. Personen oder Gruppen mit konträren Interessen stehen vor dem Problem, daß sie nicht wissen, wie die Gegenseite reagiert. In den meisten Fällen wird die Strategie gewählt, die mögliche Verluste minimiert. Falls es sich nicht um ein Nullsummenspiel handelt, bei dem der eine verliert, was der andere gewinnt, kann zur Steigerung des gemeinsamen Gewinns auch kooperiert werden.

Wichtige Anwendungsbeispiele: Zwei große Unternehmen starten eine Werbekampagne, oder Tarifparteien streiten über Lohnpolitik. Ursprünglich entwickelt wurde die Theorie aber zur Optimierung militärische Auseinandersetzungen. Spieltheoretiker im Pentagon entwickelten Kriegsstrategien gegen Vietnam. Im Lehrbuch von Martin Shubik für Sozialwissenschaftler wird folgende Situation vorgeführt: Die Polizei eines lateinamerikanischen Staats steht in der Auseinandersetzung mit einer Guerilla. Beide Seiten spekulieren, welche Schäden auf Aktionen der Gegenseite zu erwarten sind. Das Ergebnis: Der Kampf im Dschungel wird verworfen. Für beide Parteien werden die Verluste nur dann minimiert, wenn die Polizei Versorgungseinrichtungen bewacht und die Guerilla dagegen nur „kleinere Gefechte“ unternimmt. Rudolf Hickel