■ Mit Ökosteuern auf du und du
: Wunderwaffe?

Bonn (taz) – Wo Umweltgüter nichts kosten, wird Raubbau betrieben. Dieser simple Grundgedanke bewegte schon in den zwanziger Jahren den britischen Ökonom Arthur Cecil Pigou. Der Staat müsse seiner Theorie nach der Marktwirtschaft mit Steuern auf die Sprünge helfen, solange diese als Verursacher nicht voll für die Folgen ihrer Aktivitäten aufkomme. Die nach ihm benannte Pigou-Steuer erwies sich jedoch als nicht praktizierbar, da sich weder die volkswirtschaftlichen Kosten in Mark und Pfennig ausdrücken, noch die Verursacher zuverlässig ermitteln ließen.

Ohne staatliche Eingriffe sind Unternehmer und Verbraucher nur dann zu ökologischem Verhalten gezwungen, wenn sie für den Verbrauch Preise bezahlen müssen, die der Knappheit der natürlichen Ressourcen entsprechen. Aber da es an Luft und Wasser kein Privateigentum gibt, werden sie nicht wie andere Güter gehandelt, sondern allenfalls, wie beim Wasser, gegen Bereitstellungs- und Verbrauchsgebühren verteilt.

Anders sieht es dagegen beim Faktor Arbeit aus. Vierzig Prozent der Abgabenbelastung der deutschen Wirtschaft entfallen auf die Lohnnebenkosten, also den Arbeitgeberanteil zur Sozialversicherung. Stellt ein Unternehmer Arbeitskräfte ein, wird er quasi vom Staat dafür auch noch bestraft. Rationalisierung spart dagegen Sozialabgaben, und meist gibt es noch Steuervergünstigungen obendrauf.

Hans Christoph Binswanger, Wirtschaftsprofessor in St. Gallen, fand bereits 1983 den Dreh: Erhöht man die Energiepreise, könnten mit den Einnahmen daraus die Sozialversicherungsbeiträge gesenkt und damit die Arbeit verbilligt werden. Zugleich würde die Nachfrage nach Energie sinken, was der Umwelt zugute käme.

Inzwischen machen weit über einhundert Vorschläge zur Einführung von Ökosteuern die Runde, von Weizsäckers Ökosteuer, Töpfers CO2-Steuer oder gar Hermann Scheers „Entropie-Steuer“ – der damit verbundene Begriffswirrwarr erleichtert die Debatte nicht gerade. Was fehlt, ist ein konkretes Programm, das Staatsverschuldung, Wirtschaftlichkeit und Durchsetzbarkeit einbezieht.

Mit den Forderungen von Union und SPD, nur international abgestimmt vorzugehen, wird jede Ökosteuerinitiative im Keim erstickt. Was den Schluß nahelegt, daß letztlich gar keine Lenkungsabgabe auf Energie gewünscht wird. Oder sollen die Energiesteuern etwa mit neugeschaffenen Krisenreaktionskräften den störrischen Briten und später notfalls auch Mali oder Laos aufgezwungen werden? Erwin Single