Über Autos und um Autos herum

■ „Autoläufer“ Michael Hartmann vor der Münchner Großen Strafkammer

München (taz) – Jetzt sitzt er wieder auf der Anklagebank – dabei hatte er den richterlichen Spruch bei seiner ersten Verurteilung durchaus sehr ernst genommen. Vor fünf Jahren trampelte Fußgänger Michael Hartmann demonstrativ über auf dem Gehweg parkende Autos hinweg. Er hätte doch einfach um die Autos herumgehen können, statt direkt über die heiligen Bleche zu latschen, meinte der Richter damals zu Hartmann.

Also änderte der als „Autoläufer“ bekanntgewordene Hartmann seine Proteststrategie gegen den Autoverkehr: Kilometerweise spazierte der inzwischen 28jährige in den letzten Jahren auf Münchner Hauptverkehrsstraßen, nicht ohne zwischendurch mal mittendrin eine „Brotzeit“ einzulegen und über seine Erfahrungen gelegentlich in Talkshows zu berichten. Die Polizei reagierte mit Bußgeldbescheiden zwischen 20 und 40 Mark wegen „verbotswidrigem Gehens auf Fahrbahnen“, schließlich wurde er vom Münchner Amtsgericht wegen „fortgesetzter Ordnungswidrigkeit des verbotswidrigen Gehens“ zu einer Geldbuße von 150 Mark verurteilt.

Hartmann setzte seine Anti- Auto-Demo weiter fort. Die Justiz reagierte nun mit „Hämmern“, so Hartmanns Rechtsanwalt Jürgen Arnold, „die ein Autofahrer selbst bei einer wiederholten Trunkenheitsfahrt mit Todesfolge nie zu spüren bekommt“: Zweimal wurde er zur Beobachtung in die Psychiatrie eingeliefert – und, nachdem dort keine psychische Störung festgestellt werden konnte, in Untersuchungshaft nach Stadelheim.

Ende vergangenen Jahres reichte die Staatsanwaltschaft an die Große Strafkammer eine Anklage wegen „gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr“ und Nötigung ein, über die diese und kommende Woche beim Landgericht München verhandelt wird. In der Regel werden vor der Großen Strafkammer Taten verhandelt, für die mit einer Freiheitsstrafe von über vier Jahren zu rechnen ist. „Ich wollte etwas gegen die Autos und für die Umwelt machen“, erklärt Architekturstudent Hartmann, der 1988 einen schweren Autounfall erlitten hatte. Eine psychiatrische Sachverständige begutachtet Hartmann als „unreifen Sonderling“.

Sein Rechtsanwalt hatte erfolglos einen Befangenheitsantrag wegen „Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft“ gegen die Medizinerin gestellt. Sie habe sich bei ihrem Gutachten zudem nicht von wissenschaftlicher Erkenntnis leiten lassen, so der Anwalt, sondern vom „ungepflegten Erscheinungsbild und gelegentlichen Haschischkonsum“ des Angeklagten. Corinna Emundts