Bezirke gegen Nagel

■ Bezirksbürgermeister lehnen die vom Bausenator geplante Abschaffung der Stellplatzpflicht für Gewerbebauten ab

Bausenator Wolfgang Nagel (SPD) bekommt Ärger mit den Bezirksbürgermeistern. Sein Plan, die Stellplatzpflicht für Gewerbebauten ersatzlos abzuschaffen, stößt bei ihnen auf Kritik. In einer Stellungnahme fordert der Rat der Bürgermeister den Senator auf, die bisherige Regelung durch eine Nahverkehrsabgabe zu ersetzen.

Uwe Saager (SPD), Bürgermeister von Schöneberg, begrüßte am Montag auf einer Anhörung der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen im Abgeordnetenhaus zwar „die Grundlinie“ der Nagel-Vorlage, „denn mehr Stellflächen fördern nur eine Zunahme des Autoverkehrs“. Jedoch müßten Investoren, die durch den Bau von Gewerbeflächen zusätzlichen Verkehr erzeugen, auch zur Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur beitragen.

Bisher muß für nicht gebaute Stellplätze ein „Ablösebetrag“ bis zu 40.000 Mark gezahlt werden, der in den Ausbau des öffentlichen Verkehrsnetzes fließt. Durch Nagels Initiative würden diese Zahlungen eingestellt. Michael Cramer, verkehrspolitischer Sprecher der Grünen, bemängelt, daß bereits Ablösesummen storniert wurden, „obwohl der Antrag noch keine Gesetzeskraft hat“. Cramer hält die Nagel-Initiative für ein „Millionen-Geschenk an die Investoren am Potsdamer Platz“. Allein Daimler-Benz würde etwa 300 Millionen Mark sparen.

Die Grünen unterstützen die Forderungen der Bezirksbürgermeister und haben im Parlament bereits einen Gesetzentwurf vorgelegt, durch den Stellplatzpflicht durch eine „Verkehrsinfrastrukturabgabe“ ersetzt werden soll. Diese soll dem öffentlichen Personennahverkehr zufließen.

Auch die Senatoren für Finanzen und Stadtentwicklung, Elmar Pieroth und Volker Hassemer (beide CDU), lehnen die Nagel- Initiative ab. Sie haben verfassungsrechtliche Bedenken, weil Bauherren von 1993 (rückwirkend) bis 1996 weder eine Stellplatz- noch die erst dann geplante Nahverkehrsabgabe zu zahlen bräuchten. Solch eine Regelung widerspräche dem Gleichstellungsgrundsatz und würde einige Investoren begünstigen – namentlich Daimler-Benz. Abgeordnete aus der CDU befürchten, daß der Kaufpreis für die Grundstücke am Potsdamer Platz dann erneut von der EU-Kommission überprüft würde. Noäl Rademacher