Nicht mehr nur ein Ort der Bestattung

■ Kein Platz für Plastikblumen, dafür Refugium für Vögel und empfindliche Wildkräuter: Viele Städte haben die ökologische Bedeutung von Friedhöfen entdeckt

„Besonders in großen Städten ist der Friedhof nicht mehr nur ein Ort der Bestattung. Man wird sich auch zunehmend seiner ökologischen Bedeutung bewußt“, erklärt Frank Stein vom Deutschen Städte- und Gemeindebund. So fanden Naturschützer auf Ostberliner Friedhöfen 56 verschiedene Brutvogelarten, im hessischen Frankfurt waren es 50, etwa ein Fünftel der im alten Teil der Bundesrepublik vorkommenden Vogelarten.

Mit viel Engagement versuchen seit längerem Landschaftsplaner, eine naturnahe Pflege durchzusetzen. So sieht man inzwischen wieder überwucherte Friedhofsmauern, und empfindliche Wildkräuter wachsen im Schatten großer Bäume. Dort, wo es den Friedhofsbetrieb nicht beeinträchtigt, überlassen die städtischen Gärtner die Natur sich selbst. Für Neupflanzungen werden nur noch einheimische Hölzer verwendet, exotische Pflanzen wurden von der Bestell-Liste gestrichen.

Vorreiter in Sachen Natur- und Umweltschutz auf Friedhöfen war die Nordelbische Evangelisch-Lutherische Kirche. Schon 1983 erließ sie Richtlinien für die Bepflanzung und verbot chemische Unkrautbekämpfungsmittel. Seitdem weht in Städten wie Hannover, Dortmund, Frankfurt oder Bielefeld ein ökologischer Wind durch die Friedhofsämter. Kunststoffprodukte wie Plastikblumen oder Grablichter sind inzwischen vielerorts auf dem Index, große Grabplatten, die den Gottesacker zur Steinwüste machen, werden reglementiert.

Damit die Särge vollständig verrotten, verbieten manche Kommunen die Verwendung von Plastik-Zubehör bei Särgen, Sargausstattungen und –abdichtungen. Frankfurt geht noch weiter und untersagt jeglichen Holzschutz mit schwer zersetzbaren Chemikalien.

Damit wird nun für die Erdbestattung reglementiert, was bei Krematorien schon seit langem ein Problem ist: Duftsteine, die für einen angenehmen Geruch sorgen sollen, Lackierungen oder Kunstfasern in der Sargausstattung können chlororganische Chemikalien enthalten und damit bei der Verbrennung zur Bildung von Dioxinen und Furanen beitragen. ÖTM