Mit der Umwelt in die Offensive

Mit eigenen „Umweltberichten“ wollen Unternehmen die Verbraucher von der Umweltverträglichkeit ihrer Produktion überzeugen  ■ Von Lorenz Redicker

Angriff ist immer noch die beste Verteidigung. Wer da glaubt, Ökonomie und Ökologie vertrügen sich nicht, der darf sich wohl bald über viel buntes Recycling-Papier freuen, das ihm ausgerechnet Unternehmen zukommen lassen. „Umweltbericht“ steht vorne drauf, und im Innern der Broschüren erkennen Geschäftsführer, daß „der dauerhafte Schutz und der Erhalt unseres Lebensraumes die komplexeste Herausforderung unserer Zeit“ ist. Also begeben sie sich auf die Suche nach „einer gleichermaßen ökologischen wie ökonomischen Wirtschaftsweise“.

Weiter hinten dann wird der erstaunte Umweltschützer und Firmenkritiker über Steinnüsse aus einem Naturreservat in Ecuador informiert oder über ökologisch angebaute und handgepflückte Baumwolle. Alles ecologically correct. Umweltberichte, in der betriebswirtschaftlichen Marketing- Sprache „Eco-Audit“ genannt, sind bislang noch wenig verbreitet. In Deutschland haben bislang gerade einmal 50 Unternehmen die Öffentlichkeit mit einem gesonderten Bericht über ihr Umweltkonzept informiert.

Das soll sich jetzt ändern: Mit der „Verordnung Nr. 1836/93 über die freiwillige Beteiligung gewerblicher Unternehmen an einem Gemeinschaftssystem für das Umweltmanagement und die Umweltbetriebsprüfung“ hat die Europäische Union (EU) bereits im vergangenen Jahr den rechtlichen Rahmen für Umweltberichte gesetzt. Wer den erfüllt, wird ab April 1995 mit einem Umweltzertifikat der EU belohnt. Aber Vorsicht: Über die Umweltverträglichkeit von Produktion und Produkten sagt das neue Ökozeichen nichts aus. Es besagt zunächst nur, daß ein Betrieb die einschlägigen Umweltvorschriften einhält, die bestmögliche Technologie benutzt, außerdem in seinem Umweltbericht Schadstoff- und Lärmemissionen sowie Abfallaufkommen und den Verbrauch von Rohstoffen, Energie und Wasser offenlegt. Wohl deshalb darf das neue Label nicht auf den Produkten, sondern nur auf Briefen des Unternehmens prangen.

Der Vorwurf, da werde unter dem Deckmäntelchen des Umweltschutzes nur das Image aufpoliert, liegt nahe. Zumal vor allem Chemieunternehmen solche Umweltbroschüren herausgeben, mit der kritischen Medien, Anwohnern und Verbänden der Wind aus den Segeln genommen wird.

Mit Umweltschutz Firmen-Image aufpolieren

Der „Förderkreis Umwelt future“, eine Umweltinitiative mehrerer Unternehmen, hat jetzt mit Hilfe des Instituts für ökologische Wirtschaftsforschung (IöW) in Berlin einen Leitfaden „Umweltberichte, Umwelterklärungen – Hinweise zur Erstellung und Verbreitung“ herausgegeben, der den Vorgaben der EU-Verordnung Leben einhauchen soll. Darin wird der Nutzen der Berichte erläutert; sie sollen Vertrauen schaffen, das Interesse der Kunden wecken und Mitarbeiter motivieren.

Als reiner Marketingtrick jedoch sollten die Umweltberichte nicht abgetan werden. Die EU- Öko-Audit-Verordnung darf wohl als Versuch gewertet werden, durch einheitliche Maßstäbe und Vorgaben die Berichte aus der PR- Ecke herauszuholen. Immerhin müssen sich die Betriebe einer externen Prüfung stellen und verbindliche Umweltziele festlegen. Sind die einmal öffentlich bekanntgemacht, kann man nur unter schwerem Imageverlust den selbstgesetzten Standard unterbieten.

Zudem sollte nicht unterschätzt werden, daß schon das Erfassen etwa des Energieverbrauches gleich auch Wege aufzeigt, wie sich ein Unternehmen umweltgerechter verhalten kann. So hat der Bekleidungshersteller Steilmann in einem seiner Betriebe den Stromverbrauch um ein Zehntel senken können – vor allem durch den Einsatz von simplen Zeitschaltuhren und Bewegungsmeldern. Steilmann, mit einem Umsatz von 1,5 Milliarden Mark einer der größten seiner Branche in Europa, hat seinen Umweltbericht im Rahmen des Forschungsprojektes „Umweltberichterstattung“ erstellt, aus dem der Leitfaden vom Umweltkreis future und IöW entstanden ist. Hervorgehoben wird dabei natürlich die Kollektion „Britta Steilmann It's one world“, in der zum Beispiel für Jeanshosen biologisch angebaute, handgepflückte und naturbelassene Baumwolle verwandt wird. Zwar erzielte Steilmann mit dieser Kollektion nur ein Prozent seines Umsatzes, doch immerhin hat sich das Unternehmen einen Maßstab gesetzt. Wunderdinge indes darf man von der EU- Öko-Audit-Verordnung nicht erwarten. Das liegt nicht zuletzt daran, daß die Unternehmen nicht verpflichtet sind, einen Umweltbericht vorzulegen. „Ein paar kritische Töne schaden ihrer Glaubwürdigkeit keineswegs“, schreiben die Autoren des Leitfadens, Klaus Fichter und Jens Clausen, und empfehlen den Unternehmen, auch Umweltverbände im Bericht zu Wort kommen zu lassen.