Rheinland-Pfalz nach Rudolf Scharping

■ Kurt Beck wird heute in Mainz zum Ministerpräsidenten gewählt

Frankfurt/Main (taz) – „Kurt Beck kennt den Laden so gut, daß er von mir keine Ratschläge braucht.“ Als der ehemalige Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz, Rudolf Scharping (SPD), in der vergangenen Woche das landespolitische Staffelholz an seinen designierten Nachfolger Kurt Beck weitergab, herrschten in Mainz noch eitel Freude und Sonnenschein. Heute wird der Landtag mit den Stimmen von SPD und FDP Beck zum neuen Ministerpräsidenten wählen. CDU und Bündnisgrüne werden ihm ihre Stimmen verweigern.

Schon im Vorfeld der Ministerpräsidentenwahl hatte Beck erklärt, daß er die Politik von Rudolf Scharping „nahtlos“ fortsetzen will: „Erneuerung mit ruhiger Hand.“ Und genauso „eng und freundschaftlich“, wie Scharping mit seinem Koalitionspartner FDP in Mainz umgegangen sei, werde auch er die Beziehungen zur angeschlagenen FDP gestalten.

Doch ganz so glatt, wie von Rudolf Scharping und Kurt Beck geplant, wird der Wechsel nicht über die Bühne gehen. Für Unruhe sorgte Becks Ankündigung einer Kabinettsverkleinerung von elf auf acht Ressorts. Betroffen sind der Minister für Arbeit, Soziales, Familie und Gesundheit, die Frauenministerin und der Landwirtschaftsminister.

Dieses Revirement sorgt vor allem bei den Sozialdemokraten für Irritationen. Vor allem den Frauen in der Landtagsfraktion stößt es bitter auf, daß Beck Frauenministerin Jeanette Rott zur Staatssekretärin herabstuft und in das Ressort der Kultusministerin Rose Götte eingliedert. Ein „schwarz- gelbes Männerbündnis“ habe da die Frauenpolitik in Mainz zur Nebensache „degradiert“, nennt das Gisela Bill von den Bündnisgrünen, die dem Frauenausschuß im Landtag vorsteht.

Auch daß Beck das Landwirtschaftsministerium ausgerechnet an das Wirtschaftsministerium des FDP-Mannes Rainer Brüderle angliedern wird, ist ein bei den Sozialdemokraten umstrittenes Vorhaben. Nicht wenige SPD-Landtagsabgeordnete halten es – hinter vorgehaltener Hand – für einen politischen Fehler, daß ausgerechnet in dem von der Landwirtschaft geprägten Bundesland Rheinland- Pfalz der Agrarbereich der wirtschaftsliberalen FDP zugeschustert wird – sozusagen als „Anhängsel“.

Die Bündnisgrünen im Landtag befürchten gar, mit Brüderle sei der „endgültige Ausverkauf der bäuerlichen Höfe programmiert“. Für die Landesvorstandssprecherin von Bündnis 90/Die Grünen und Bundestagsabgeordnete Ulrike Höfken hat Beck mit seiner Kabinettsumbildung deshalb „einem wichtigen Wirtschaftszweig in Rheinland-Pfalz die Mißachtung ausgesprochen“. Das Land, so Höfken, brauche weiter dringend eine eigenständige Weinbau- und Landwirtschaftspolitik.

Schon gibt es Ortsvereine, die sich mit dem Noch-Landwirtschaftsminister Karl Schneider solidarisieren. Eines ist jetzt schon gewiß: Die nächsten zwei Jahre bis zu den Landtagswahlen werden für Kurt Beck – vor allem mit Blick auf die internen Verhältnisse bei der SPD – keine einfachen Jahre werden.

Klaus-Peter Klingelschmitt