„Leben braucht Liebe. Sterben auch“

■ Hospizhilfe beklagt Mangel an Angeboten / Auch Hamburgs Projekten fehlt Geld Von Sannah Koch

Auf daß der Tod uns lebend finde – nicht einsam und schmerzgequält in einem Krankenhaus, sondern behütet von Freunden und Familie. Nur ein Wunsch. Die Realität ist anders: 80 von 100 Bundesbürgern sterben in Kliniken und Heimen, obwohl 92 Prozent sich einen Tod in vertrauter Umgebung wünschen. „Leben braucht Liebe. Sterben auch“ – mit dieser Mahnung will die Deutsche Hospizhilfe deshalb nun auf eine „der zentralen Zukunftsherausforderungen in unserem Land“ aufmerksam machen: alten und schwerkranken Menschen, deren Anteil an der Bevölkerung stetig wächst, die Chance auf ein würdiges Lebensende zu geben.

Liebevoll begleitetes Sterben in vertrauter Umgebung, dies ist das Leitmotiv der Hospizhilfe, deren VertreterInnen und ihr Schirmherr Ignatz Bubis (Vorsitzender des Zentralrats der Juden in Deutschland) gestern nach Hamburg angereist waren, um für ihre Ziele zu werben. Nicht nur der gesellschaftlichen Tabuisierung von Alter, Sterben und Tod, sondern auch dem „zunehmenden Nützlichkeitsdenken und dem brisanten Zeitgeist, der Forderung nach aktiver Sterbhilfe“ gelte es entgegenzutreten, betonte ihre Präsidentin, Renate Wiedemann. Ebenso dem akuten Mangel an Hilfsangeboten: Denn obwohl kostenintensiv hält das deutsche Gesundheitssystem kaum Angebote für Sterbende vor. So erhält derzeit nur jeder vierte von drei Millionen Krebskranken eine wirksame Schmerztherapie, Hospize sind immer noch rar.

„Es bewegt sich etwas, aber es reicht noch lange nicht aus“, bestätigt auch Uta Schröder von Charon, einer Hamburger Beratungsstelle für Sterbende und ihre Angehörige (Tel: 225 253). In ihrem Projekt muß heute zwar nicht mehr auf ABM-Basis gearbeitet werden, aber bei der Pflege von Schwerkranken „klaffen erhebliche Finanzierungslücken“. Mit denen müssen sich die sechs MitarbeiterInnen des Ambulanten Hospiz-Pflegeteams von Charon herumschlagen. Mit einer Anästhesistin im Team ist dieser Pflegedienst auf Sterbebegleitung und Schmerztherapie spezialisiert – doch „eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung wird derzeit kaum finanziert“, so Schröder.

Mit ähnlichen Problemen kämpft auch der Verein Hamburger Hospiz (Tel: 390 30 31): Ein Internist und eine Therapeutin bieten hier seit drei Jahren Beratung an, ihre Arbeit wird aber auschließlich von Spenden bezahlt. „Wir wollen in Hamburg ein Hospiz mit 20 Betten für Tumorkranke aufbauen“, sagt Wolfgang Kendel, der früher in Hamburgs derzeit einzigem stationären Hospiz, der Palliativstation im AK Barmbek, gearbeitet hat. Aber auch dafür fehlt bislang das Geld. Vom Bund gäbe es zwar einen Zuschuß, aber nur, wenn sich Hamburg mit 20 Prozent an den Kosten beteiligt. Die Gesundheitsbehörde findet das Projekt zwar gut, aber die Zusage für eine finanzielle Beteiligung könne derzeit nicht in Aussicht gestellt werden, hieß es gestern.