■ Koalition will Landesschulamt
: Bürgerfeindlich

Im Juni hat das Abgeordnetenhaus beschlossen, die Berliner Verfassung zur Stärkung der Bezirke zu ändern. Die Hauptverwaltung sollte nur noch Aufgaben, die „zwingend einer einheitlichen Regelung bedürfen“ selbst wahrnehmen können. Daß die erste danach folgende Veränderung der Verwaltung – die Bildung eines Landesschulamtes – das exakte Gegenteil bedeutet, macht die Koalitionsfraktionen in höchstem Maße unglaubwürdig.

Sie hätten sich vorher überlegen sollen, daß sie den Bezirken doch soweit mißtrauen, daß sie sie in wesentlichen Fragen an der kurzen Leine halten wollen. Der Senatsbeschluß hat einen Verlust von bezirklicher Entscheidungskompetenz zur Folge.

Durch die Zentralisierung der Personalangelegenheiten im Landesschulamt sollen die Versetzungen von Lehrkräften zwischen den Bezirken zu Umsetzungen ohne Mitbestimmungsrecht der Personalräte werden. Dies ist ein eklatanter Abbau von Mitbestimmungsrechten. Die Personalräte haben nicht nur auf den sozialen Schutz der Beschäftigten zu achten, sondern auch auf die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften. Wesentliches Hemmnis von Versetzungen zwischen den Bezirken war bisher nicht der Widerstand der Personalräte, sondern der Fachbedarf der jeweiligen Schule. Daß solche Bedenken in dem jetzt vorgesehenen Verfahren nicht mehr berücksichtigt werden müssen, ist kein Gewinn von Effektivität, sondern ein Abbau von Demokratie.

Mit der Regelung in Brandenburg ist die vorgesehene Konstruktion nach wie vor nicht kompatibel. Die Brandenburger Kreise oder kreisfreien Städte sind mit ihren Schulämtern jeweils für etwa 2.000 Lehrkräfte zuständig, ein Landes- oder Stadtschulamt Berlin für etwa 40.000 Lehrkräfte und sonstiges pädagogisches Personal. An diesem Ungleichgewicht hat zumindest das Brandenburger Bildungsministerium kein Interesse. Die dezentrale Ansiedlung des Landesschulamtes ändert an diesem Sachverhalt nichts.

Mit dem Landesschulamt ist vorgesehen, daß die Planung der Schulentwicklung sowie die Gründung und Auflösung von Schulen nur noch im Einvernehmen mit der Senatsschulverwaltung vorgenommen werden können. Dies ist ein weiterer Kompetenzabbau für die Bezirke. In Ostberlin ist diese Kompetenz dazu genutzt worden, weniger Hauptschulen als im Westen einzurichten. Dies war von Senator Klemann immer moniert worden. Es steht zu befürchten, daß ein Hauptzweck des Landesschulamtes vor der Fusion mit Brandenburg dieser Einfluß auf die Schulentwicklung in Berlin sein soll, zumal in Brandenburg keine Hauptschulen vorgesehen sind.

Wer fünf Jahre vor einer möglichen Fusion mit Brandenburg in Berlin solche Verwaltungsstrukturen schafft, will die Fusion nicht. Denn ernsthaft kann niemand davon ausgehen, daß in fünf Jahren diese Strukturen dann bereits wieder erheblich verändert werden können. Berlin und Brandenburg brauchen eine fachlich fundierte Diskussion über die Organisation von Schulverwaltung und Schulaufsicht, die nicht übers Knie gebrochen wird. Eine Verwaltungsreform im Schweinsgalopp ist nicht nur bezirks-, sondern auch bürgerfeindlich. Sybille Volkholz, bildungspolitische Sprecherin der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen im Abgeordnetenhaus