„Morgendämmerung für die Region“

Israelisch-jordanisch-amerikanische Feier im Wadi Araba / US-Präsident Bill Clinton im Mittelpunkt / Protestdemonstrationen in Amman mit nur wenigen Beteiligten  ■ Aus Amman Khalil Abied

„Ein historischer Tag, eine Morgendämmerung für die ganze Region.“ So beschrieben gestern der jordanische König Hussein und der israelische Ministerpräsident Jitzhak Rabin das Ende des 46jährigen Kriegszustandes zwischen beiden Staaten. Im Wadi Araba, dem gleichen Ort, wo vor drei Monaten feierlich ein neuer Grenzübergang eröffnet worden war, wurde im Rahmen einer prächtigen Zeremonie der Friedensvertrag zwischen beiden Ländern unterzeichnet und der Beginn einer neuen Etappe der Geschichte gefeiert.

Eine Woche lang hatten Soldaten und Ingenieure gewirbelt, um den Ort herzurichten. Für „normale“ Gäste wurde genau über der Grenze eine riesige Tribüne mit über 5.000 weißen Plastikstühlen errichtet. Für die prominenten Besucher gab es Sessel in der ersten Reihe. Die jordanischen beziehungsweise israelischen Vertreter saßen jeweils auf einer Seite, also auf heimischem Boden, zusammen. In ihrer Mitte sammelten sich Politiker, Militärs, Angehörige von Kriegsopfern und religiöse Vertreter beider Seiten. Die beiden Staatsoberhäupter und ihre Ehrengäste, darunter auch US- Präsident Bill Clinton, fanden in einem Beduinenzelt gegenüber der Tribüne Schutz vor der Sonne.

Auf jeden der über 5.000 Gäste kamen vier Polizisten oder Soldaten, die über die Sicherheit des Friedensfestes wachten. Die Zeremonie sollte nicht von Gegnern des Friedensprozesses gestört werden. Nur wenige arabische Staaten hatten hochrangige Delegationen gesandt. Dazu zählten Ägypten, das vor 15 Jahren mit Israel einen Friedensvertrag geschlossen hatte, Qatar, Tunesien und Marokko. Dies spiegelt den Unmut einiger Regierungen, vor allem der syrischen, über den israelisch-jordanischen Alleingang wider. PLO- Chef Jassir Arafat war gar nicht erst eingeladen worden. Er war aber zuvor in Kairo mit Clinton zusammengetroffen.

Den Feiern fern blieben auch die jordanischen Islamisten und die Vorsitzenden der kleinen linken und panarabischen Parteien. In einer gemeinsamen Presseerklärung hatten sie angekündigt, die Zeremonie zu boykottieren. Sie bezeichneten den Mittwoch als einen schwarzen Tag für die arabische und muslimische Nation. Die Islamische Aktionsfront sowie acht kleinere Parteien schlossen sich zu einem „Volkskongreß gegen die Kapitulation und die Normalisierung der Beziehungen zu Israel“ zusammen. In den letzten Tagen organisierten sie mehrere Protestdemonstrationen in Amman, an denen sich aber nur einige Hundert Personen beteiligten.

Die Zeremonie im Wadi Araba begann pünktlich um 13 Uhr Ortszeit mit einer Schweigeminute, um der Opfer aus den Kriegen zu gedenken. Anschließend lasen ein Scheich und ein Rabbi einige Passagen aus dem Koran beziehungsweise der Torah vor. „Oh Gläubige, schließt euch dem Frieden an und folgt nicht dem Teufel“, zitierte der Scheich aus dem Koran.

In seiner Ansprache würdigte König Hussein den Friedensvertrag als „ein Geschenk für unsere Nationen und die kommenden Generationen“. Er betonte, daß Jordanien und Israel die Jordansenke in ein grünes Tal verwandeln werden. Auch Rabin bemühte Bilder des Jordantals. „Von diesem Podium aus sehe ich eine Wüste, in der es kein Wasser und kein Leben gibt, noch nicht einmal eine Blume. Die Gegend war voller Minen. So war auch unsere Beziehung“, sagte Rabin. „Aber mit diesem Vertrag müssen beide Völker die Gegend in ein Paradies verwandeln.“ Der israelische Regierungschef betonte, daß beide Völker nun die Vergangenheit hinter sich lassen müßten. „Wir müssen lernen, einander zu verzeihen, für alles, was wir einander angetan haben. Wir müssen lernen, miteinander zu leben.“

Clinton, der „Gast der Gäste“ bei der Zeremonie, sicherte Israel und Jordanien die volle Unterstützung der USA zu. Er bekräftigte, daß sein Land alles unternehmen werde, um die Gegner des Friedens zu bekämpfen. „Die Feinde des Friedens werden keinen Erfolg haben“, betonte er.

Nach der Unterzeichnung des Friedensabkommens, wechselseitigen Glückwünschen und dem Austausch von Geschenken wurden 10.000 bunte Ballons in die Luft gelassen. Über die Lautsprecher erklärten israelische und jordanische Vertreter: „Der Krieg ist zu Ende. Schalom, salam, peace.“