Entschädigung so selten wie Lottogewinn

■ Ehemalige politische Häftlinge fordern Anerkennung von Haftfolgeschäden

Magdeburg (taz) – Fast muß von Glück reden, wer als ehemaliger politischer Häftling in der DDR einen körperlichen Haftfolgeschaden davongetragen hat. Er kann sich wenigstens noch geringe Chancen auf eine Entschädigung oder eine Rentenzahlung nach dem Häftlingshilfegesetz machen. Aber auch für ihn hängt alles davon ab, ob er den direkten Zusammenhang zwischen den früheren Haftbedingungen und heutigen Gesundheitsschäden nachweisen kann. Schlimmer wird es bei psychologischen Haftfolgeschäden. „Als stalinistisch Verfolgter einen psychologischen Haftfolgeschaden anerkannt zu bekommen, gleicht dem Hauptgewinn im Lotto“, kritisiert Karl-Heinz Pahling vom Bund der stalinistisch Verfolgten. Er war einer der Referenten auf einer Tagung zu Haftfolgeschäden politischer Gefangener gestern in Magdeburg.

Dabei treten psychologische Haftfolgeschäden weitaus häufiger auf als körperliche, sagt Ferdinand Haenel vom Behandlungszentrum für Folteropfer in Berlin. „Viele frühere politische Gefangene der DDR weisen heute die gleichen pychologischen Symptome auf wie Folteropfer zum Beispiel aus der Türkei oder aus Südamerika“, sagt Haenel.

Mit rund 18 Prozent stellen ehemalige politische Häftlinge aus der DDR die zweitgrößte Gruppe der Patienten im Zentrum für Folteropfer.

Die Versorgungsämter bleiben bei ihrer rigiden Praxis. Von rund 100.000 früheren politischen Häftlingen der DDR hätten bislang weniger als 2.000 gesundheitliche Haftfolgeschäden anerkannt bekommen, rechnet Klaus Schmidt von der Vereinigung der Opfer des Stalinismus vor. Und die Ämter bekämen dabei auch noch Schützenhilfe von den Amtsärzten. Als ein Ex-Häftling, der fünf Jahre ohne Matratze auf einer Holzpritsche schlafen mußte, seinen dadurch verursachten Rückenschaden als Haftfolgeschaden anerkennen lassen wollte, bekam er vom Amtsarzt die lakonische Antwort: „Hart schlafen ist gesund.“ Zumindest in Sachsen-Anhalt sollen die Behörden ihren Ermessensspielraum künftig großzügiger nutzen, versprach Sozialministerin Gerlinde Kuppe. Das reicht den Vertretern der Opferverbände nicht aus.

Sie fordern Gleichstellung mit den Verfolgten des NS-Regimes. „Bei Nazi-Opfern reicht schon die Vermutung, daß heutige Gesundheitsschäden mit früheren Haftbedingungen zusammenhängen“, klagt Schmidt. „Wir müssen diese Zusammenhänge zweifelsfrei nachweisen können, um eine Anerkennung und eine Entschädigung zu bekommen“, so Schmidt. Eberhard Löblich