„Ich fürchte mich nicht vor Krach“

In Mecklenburg-Vorpommern pokert SPD-Chef Harald Ringstorff weiter, muß sich aber dem Bonner SPD-Kurs beugen / PDS hat mit SPD-Essentiales kaum Probleme  ■  Aus Schwerin Christoph Seils

Das Ambiente konnte unterschiedlicher nicht sein. Am Dienstag abend ließen sich die Delegationen von SPD und PDS im Schweriner Schloß am runden Tisch nieder. Am Mittwoch früh saßen sich dann SPD und CDU wie politische Gegner am langen Verhandlungstisch gegenüber. Während sich Sozialdemokraten und demokratische Sozialisten am abend noch per Handschlag begrüßten, ließ sich Harald Ringstorff (SPD) am darauffolgenden Morgen nicht beim Plausch mit den Journalisten unterbrechen, als die Kontrahenten der CDU den Raum betraten.

Zuvor hatten sich Berndt Seite (CDU) und Ringstorff allerdings schon zu einem kurzen Vieraugengespräch zurückgezogen. Auch wenn Harald Ringstorff in der Öffentlichkeit weiter pokert, wird er dem CDU-Ministerpräsidenten von Mecklenburg-Vorpommern signalisiert haben, daß die Koalitionsgespräche jetzt beginnen können.

Noch vor den Gesprächen mit der PDS hatte auch die 23köpfige SPD-Fraktion des Landtages ihrem Vorsitzenden demonstrativ den Rücken gestärkt. In geheimer Abstimmung wurde Ringstorff einstimmig im Amt des Fraktionsvorsitzenden bestätigt. Das eindeutige Votum, so erklärte der SPD-Chef mit neuem Selbstvertrauen, strafe diejenigen Lügen, die eine Zerreißprobe innerhalb des Landesverbandes herbeireden wollten. Und mit einem schönen Gruß nach Bonn fügte er schmunzelnd hinzu: „Ich fürchte mich nicht vor Krach.“

Doch der runde Eichentisch, an dem sich SPD und demokratische Sozialisten versammelten, war anschließend offenbar das einzige Zugeständnis an die PDS. Statt landespolitische Gemeinsamkeiten zu suchen, bat die SPD zunächst in einem Vierpunktepapier um „notwendige Klarstellungen“. So fordert die SPD von ihrem Verhandlungspartner ein eindeutiges Bekenntnis zum Grundgesetz und zur Verfassung von Mecklenburg- Vorpommern. Außerdem soll sich die PDS von der Idee des Runden Tisches, den sie „als neues politisches Modell“ für die Landespolitik angeregt hatte, verabschieden, da eine solche Einrichtung außerhalb der „gesetzlichen Verfassungsorgane“ stehe. Schließlich soll die PDS garantieren, daß die Kommunistische Plattform keinen Einfluß auf die Landespolitik erhalte, und erklären, „daß die Zwangsvereinigung von SPD und KPD im Jahr 1946 Unrecht war und nur unter Androhung von Gewalt zustande gekommen ist“.

Auf den anschließenden Pressekonferenzen hinterließen sowohl SPD als auch PDS vor allem Verwirrung. Offen blieb, ob die geforderten Klarstellungen Voraussetzungen für Gespräche sind oder ob sie Bestandteil eines Dialogs sein könnten, der auch parallel zu Tolerierungsverhandlungen geführt würde. Auch gestern, am Tag nach dem Gespräch, schlossen Ringstorff und Schröder eine Zusammenarbeit mit der PDS weiterhin nicht aus. Erst am Montag will die SPD sich endgültig entscheiden.

Doch das Liebäugeln mit der PDS ist im festen Blick auf die große Koalition offenbar selbst bei Harald Ringstorff zum taktischen Blinzeln verkommen. Auch wenn es zu Koalitionsverhandlungen mit der CDU kommen sollte, wolle man mit der PDS weiter im Gespräch bleiben, erläuterte er. Wie von Scharping gefordert, stellte sich Ringstorff hinter die Dresdener Erklärung der SPD, schloß aber nicht aus, daß nach einem Dialog mit der PDS „eine neue Situation entstehen könnte“. Gleichzeitig räumte er ein, daß es nur in wenigen Bereichen der Landespolitik „erhebliche Differenzen“ zu den Vorstellungen der PDS gebe. Dazu zählte Ringstorff unter anderem die Verkehrspolitik und den Verfassungsschutz.

„Alles keine unüberwindbaren Hürden“, konterte der Landesvorsitzende der PDS, Helmut Holter. In 90 Prozent der Landespolitik gebe es Übereinstimmung zwischen den beiden Linksparteien. Bei den Differenzen handele es sich größtenteils um alte Hüte, zu denen sich die PDS längst erklärt habe.

Lediglich beim Unrecht Zwangsvereinigung, bat Helmut Holter um mehr Differenzierung (siehe Interview). Anhand von PDS-Parteitagsbeschlüssen und Dokumenten der Historischen Kommission der PDS wollen die demokratischen Sozialisten schon in den nächsten Tagen eine erste Antwort an die SPD formulieren.