Eine Kampagne „pro Einbürgerung“

Cornelia Schmalz-Jacobsen fordert von den Koalitionsvereinbarungen Fortschritte bei der Integration von AusländerInnen und macht Verbleiben im Amt vom Ergebnis abhängig  ■ Aus Bonn Hans Monath

Die Ausländerbeauftragte der Bundesregierung, Cornelia Schmalz-Jacobsen, hat ihr Verbleiben im Amt indirekt vom Ergebnis der Koalitionsvereinbarungen zwischen CDU/CSU und FDP abhängig gemacht.

Die FDP-Politikerin forderte bei der Vorstellung neuer Daten zur Ausländersituation Erleichterungen bei der Einbürgerung und der Doppelten Staatsbürgerschaft, den Erwerb der Staatsbügerschaft durch Geburt (Ius soli“) sowie eine Reform des Ausländerrechts. Auf die Frage, ob sie ihre Amtsausübung an das Ergebnis der Verhandlungen von Union und FDP binde, erklärte die Politikerin: „Ich mache meine Arbeit gern, aber die Rahmenbedingungen müssen stimmen.“

Ihre Forderungen nach einer Reform des Staatsbürger- und Ausländerrechts sind nach Angaben von Schmalz-Jacobsen Bestandteil des 21seitigen Forderungskatalog, mit dem die FDP- Vertreter in die Koalitionsverhandlungen gehen. Das FDP-Präsidiumsmitglied zeigte sich zuversichtlich, daß die Liberalen in den strittigen Fragen Zugeständnisse erzielen können. Zwar werde „niemand seine Forderungen einhundertprozentig durchsetzen“ können. Es sei aber auch klar, daß beide Parteien „sehr sorgfältig miteinander umgehen und sich Raum lassen“ müßten.

Den aktuellen „Daten und Fakten zur Ausländersituation“ zufolge lebten zum Jahreswechsel 6,9 Millionen Ausländer in der Bundesrepublik, darunter mehr als 100.000 erst im Jahr 1993 geborene Kinder. Die aufenthaltsrechtliche Situation vieler Ausländerinnen und Ausländer bietet nach Einschätzung der Politikerin „ein sehr unbefriedigendes Bild“. Obwohl die Hälfte aller Ausländer bereits länger als zehn Jahre in Deutschland lebe und viele Nichtdeutsche längst alle Voraussetzungen für die Gewährung einer Aufenthaltsberechtigung erfüllten, würden zu wenige davon Gebrauch machen. Die Ausländerämter forderte Schmalz-Jacobsen auf, ihre Klientel deutlicher als bisher über ihre Rechte aufzuklären.

Unbefriedigend ist für die Ausländerbeauftragte auch die Entwicklung bei der Einbürgerung. Die Diskussion über die Doppelte Staatsbürgerschaft habe die Tatsache in den Hintergrund gedrängt, daß seit Juli 1993 erstmals ein Anspruch auf Einbürgerung bestehe. „Notwendig ist hier eine Kampagne Pro Einbürgerung“, forderte sie.

Als „dramatisch“ bezeichnete Schmalz- Jacobsen die Entwicklung der Arbeitslosigkeit unter Ausländern. Während die Zahl der sozialversicherungspflichtig beschäftigten Ausländer mit 2,2 Millionen (Ende Juni 1993) den höchsten Stand seit 1980 erreichte, stieg der Anteil der Arbeitslosen unter ihnen im September 1993 auf 15,3 Prozent. Betroffen seien vor allem ältere, ungelernte Arbeitskräfte und die 20- bis 35jährigen. Die FDP-Politikerin sprach sich für eine „doppelte Kampagne“ zur Qualifizierung aus, an der sich sowohl die Eltern ausländischer Jugendlicher als auch die Industrie und das Handwerk beteiligen müßten. Hart ging Schmalz-Jacobsen mit dem Öffentlichen Dienst ins Gericht, der nur 3 Prozent ausländische Auszubildende (Handwerk 11,4) aufweise.

Indirekt Kritik übte die Ausländerbeauftragte Kritik an Äußerungen Bundeskanzler Helmut Kohls. Zunehmend werde das „Schlagwort“ vebreitet, wonach Ausländer zu dreißig Prozent Sozialhilfeempfänger seien, beklagte Cornelia Schmalz-Jacobsen: „Diese Zahl stimmt schlicht und einfach nicht“. Kohl hatte im Wahlkampf die Behauptung verbreitet und ein Gegensteuern verlangt.