„Viel mehr als nur ein Fußballspiel“

Das ist dem Werder-Fanprojekt noch nicht passiert: Das traditionelle Fußballspiel der Fan-Initiativen, mit dem die Fans vor den Spielen den Anhängern der gegnerischen Mannschaft begegnen, wurde vor zwei Wochen beim Hinspiel in Rotterdam abgesagt. „Der Rotterdamer Fanbeauftragte meinte, er könne bei einer solchen Begenung für nichts garantieren“, meint Thomas Hafke vom Bremer Fanprojekt. Zwischen den Bremer und den niederländischen Fans wird es daher keine Begegnung geben – hoffentlich, meinen die Bremer Fanbetreuer.

Denn für die nächste Zeit scheint die Karre zwischen deutschen und niederländischen Fußballfans verfahren. Der Sicherheitsbeauftragte von Feyenoord Rotterdam, Maurice Westerwoudt, verweist dafür auf die Geschichte, die die beiden Fangruppen miteinander haben: Bei National- und Vereinsspielen kochen immer wieder Ressentiments hoch. „Wir haben hier ein Spiel mit hohem Risiko vor uns. Warum sollten wir da ein zweites Problem hinzufügen und die Fans gegeneinander Fußball spielen lassen?“, meint Westerwoudt.

Das anstehende Spiel der Clubs sei in Holland zu einer Begegnung „Deutschland gegen Holland“ hochstilisiert worden, meint der Bremer Fanbetreuer. Zur Tradition deutsch-holländischer Fußballzwiste kommt nach seiner Meinung noch der Ruf der Feyenoorder Schlachtenbummler als „hart und proletarisch: Das ist das Schalke von Holland.“ Hafke macht für die Probleme auch die unbewältigte jüngste Vergangenheit verantwortlich: „Rotterdam war die einzige holländische Stadt, die von den Nazis total bombardiert worden ist.

Heute stehen da nur noch Häuser aus der Nachkriegszeit.“ Hafner zitiert eine Studie aus dem letzten Jahr, nach deren Ergebnisse 71 Prozent aller jungen NiederländerInnen die Deutschen für herrschsüchtig halten; 56 Prozent haben bei Deutschen „negative Gefühle“, ermittelte die repräsentative Umfrage.

„Das hier geht weit über das hinaus, was ein Fußballspiel ausmacht“, meint der Fanbetreuer. Für ihn ist der deutsche Überfall auf das Nachbarland immer noch nicht aufgearbeitet, eine Aussöhnung wie mit Frankreich habe es nie gegeben. Dagegen komme auch die Hooligan-Arbeit nicht an: „Im Moment stehen die Sicherheitsfragen im Vordergrund, Fanbegegnungen im großen Stil sind wohl nicht möglich.“

„Was da an Gewalt auf uns zukommt, das hat mit dem deutsch-holländischen Verhältnis nur am Rande etwas zu tun“, sagt dagegen einer der Journalisten aus der Sportredaktion der Amsterdamer Zeitung „De Volkskrant“. „Das sind Hooligans, die machen Krawall, egal wo sie sind.“ Genau das ist auch der Eindruck von Helga Katz. Die Bremerin ist mit einem Holländer verheiratet und in der deutsch-niederländischen Gesellschaft aktiv. „Feindselige Haltungen kenne ich fast gar nicht mehr. Jugend und Gewalt, das ist in Holland genauso ein Problem wie hier.“ bpo/J.G.