Vom Barhocker direkt ins Bett

■ An alle Nachtschwärmer, die den Zeitpunkt des letzten Glases selbst bestimmen wollen: Ab heute gibt es "Citylift", die erste Mitfahrzentrale für Innenstadtfahrten

Die Zeiten, in denen die verkürzten Fahrzeiten der S- und U- Bahnen die Länge der Nächte zu bestimmen versuchen, sind vielleicht bald Geschichte am dunklen BVG-Himmel. Ab heute 18 Uhr schickt die Mitfahrzentrale für innerstädtische Fahrten „Citylift“ ihre fünf Fahrer auf Abruf kreuz und quer durch die Stadt. „Es ist ein großes Experiment“, sagte gestern der Betreiber, Martin Wollenberg, zur taz.

Die Idee für die Pick-up-Zentrale lieferte dem Betriebswirtschaftler die BVG. Nach vielen „einschneidenden“ Erfahrungen mit den nachtschlafenden U- und S-Bahnen war für Wollenberg die „Grenzwertzumutbarkeit“ vor einigen Monaten überschritten. Also heuerte er fünf Freunde als Fahrer an, die von zwei Mitarbeitern in der Zentrale durch die Stadt gelenkt werden.

Theoretisch soll „Citylift“ so funktionieren, daß zehn bis zwanzig Minuten nach einem Anruf in der Zentrale ein Fahrer vor der Haustür der Freunde oder der Kneipe steht. Mit Hilfe eines Stadtplanes, auf dem die Fahrerrouten mit Steinchen markiert sind, werden die günstigsten Strecken vom Büro aus koordiniert. „Wir müssen sehr flexibel sein“, so der 29jährige, der sich mit Marketing beschäftigt und zu den Mitbegründern des „PC Notruf“ gehörte. Auch wenn Wollenberg noch nicht so richtig weiß, was „auf uns zukommt“, setzt er auf den Enthusiasmus seines Teams. „Citylift“ sei „für alles offen“.

Auf jeden Fall sind die Fahrer sonntags bis donnerstags von 18 bis drei Uhr morgens in der ganzen Stadt unterwegs, bei Bedarf auch länger. Am Wochenende kann man sich bis 6 Uhr morgens nach Hause kutschieren lassen. Auch Daueraufträge seien denkbar. Der Preis für einen „Lift“ inklusive Betriebskostenbeteiligung und Vermittlungsgebühr kostet bis sieben Kilometer zehn Märker. Jeder weitere Kilometer 1,25 Mark.

Wollenberg geht davon aus, daß er in den nächsten Monaten zu den mehreren tausend Mark, die er in das Projekt reingesteckt hat, noch einiges „dazubuttern“ muß. Denn damit das Geschäft laufe, müßten 150 bis 200 Aufträge pro Abend reinkommen. Und dazu bräuchte man zehn Autos. Interessierte Fahrer werden noch gesucht.

Bis zum eventuell ersten großen Ansturm am Wochenende bleiben Wollenberg und seinen Freunden ganze drei Nächte, um erste Erfahrungen zu machen. Das größte Problem bereitet ihnen im Moment die Telekom, die es bis gestern nachmittag immer noch nicht geschafft hat, die Telefone im Büro zu schalten. Barbara Bollwahn

Tel.: 283 37 05/06, Reinhardstraße 33 in Mitte, interessierte Fahrer können zwischen 17 und 18 Uhr anrufen.