Iran droht Literaten: Unmoral wird zensiert

■ Erste Reaktion auf offenen Brief von 134 Schriftstellern „Tehran Times“ erläutert offizielle Auffassung der Meinungsfreiheit

Berlin (taz) – „Die Islamische Republik hat nicht den Anspruch, den Schriftstellern, Lyrikern und anderen die uneingeschränkten Freiheiten zu gewähren, um unsoziale, unmoralische und verderbliche Artikel und Bilder zu veröffentlichen.“ Mit diesen Worten reagierte die englischsprachige Stimme des Mullah-Regimes, die Zeitung Tehran Times, auf die Forderung der iranischen Intellektuellen nach der Freiheit der Meinung und des Wortes.

Eine solche Freiheit, so die Zeitung, werde sich gegen diejenigen richten, die sich für die Befreiung des Landes geopfert hätten. Der offene Brief der Intellektuellen sei ein Teil der Kampagne, die im In- und Ausland gegen die islamische Revolution geführt werde. Außerdem meint das Blatt, es sei eine Lüge, daß es im Iran keine Pressefreiheit gebe. Die iranischen Zeitungen seien voller kritischer Berichte. Kritik mache selbst vor Staatspräsident Ali Akbar Haschemi Rafsandschani nicht halt. Die Intellektuellen, die nun die iranische Regierung angreifen, seien diejenigen, die unter dem Schah-Regime keine Schwierigkeiten gehabt hätten, obwohl der Geheimdienst Savak jeden kritischen Geist mit brachialer Gewalt unterdrückt habe.

Unterdessen verkündete Reza Barahani, Essayist und einer der Wortführer des intellektuellen Widerstandes, man wolle den Kampf gegen die Knebelung fortführen, obwohl alle Anzeichen dafür sprächen, daß die Regierung hart zurückschlagen werde.

Schon vor einigen Monaten war der iranische Schriftsteller Saidi Sirjani, der in seinen satirischen Schriften die Bigotterie der Mullahs aufs Korn genommen hatte, verhaftet worden. Seither ist er im berüchtigten Evin-Gefängnis verschwunden. Vier iranische Schriftsteller, darunter Daulat Abadi, dessen Bücher auch ins Deutsche übersetzt wurden, hatten die Verhaftung Sirjanis kritisiert. Daraufhin waren sie vor das Revolutionsgericht zitiert worden, wo man ihnen Schreibverbot erteilte und Gefängnis androhte. Ahmad Taheri