Wenn der Plastekürbis kommt

■ Im "Lucky Strike" wurde am Montag abend ziemlich vergeblich versucht, eine uramerikanische Tradition in der deutschen Hauptstadt zu etablieren

Der Kürbis ist eine sehr vielseitig verwendbare und nahrhafte Frucht. In diesen Tagen wird er reif und kann zum Beispiel zum Einwecken und Marmeladekochen verwendet werden. Die weißen Samen der Curcubita pepo, zu deutsch Speisekürbis oder gemeiner Feldkürbis, sind auch als Mittel gegen Bandwürmer sehr nützlich. Das gelbe Fruchtfleisch des Riesenkürbis ist laut Lexikon „zart, fein und wohlschmeckend“.

Nordamerikanische Hausfrauen haben eine weitere Verwendungsform der Riesen-Kürbisse entdeckt: Sie geben sie ihren Kindern zum Spielen. Die schneiden dann eine Fratze aus der Schale heraus, verkleiden sich als Monster, Geister, Skelette und erschrecken in dieser Kombination die Nachbarn. Das Ganze nennt sich Halloween und ist eigentlich eine keltische Tradition, um die Geister der Toten und der Götter zu beschwichtigen.

Da es hierzulande auch Kürbisse gibt, spricht nichts dagegen, dachten sich einige, um auch hier Halloween zu feiern. Im „Lucky Strike“, das neben diversen Fastfood-Ketten inzwischen zum Inbegriff nordamerikanischer Kultur im Osten Berlins geworden ist, konnten Montag abend Halloweenfans die bösen Geister Berlins austreiben. Wegen der Unmengen von Fruchtfleisch, die dabei anfallen würden, entschied man sich für die Plastikvariante der Kürbisparty.

Wer rechtzeitig kam, konnte sich zwei kleine, blinkende Kürbisse abgreifen, die wahlweise am Kopf, um den Hals, als Armbinde oder am Revers getragen wurden. Sehr originell auch die Variante mit Kürbissen am Kopf und einem handtellergroßen Ghostbuster vorne auf der Stirn. Die ursprünglich kärgliche Innenausstattung des „Lucky Strike“ ist mit Hilfe von Kürbis-Lichterketten am Fenster und über den Tresen aufgepeppt worden. Dekorativ wirkte auch die gelb-orange Projektion eines riesigen Riesenkürbisses am Deckengewölbe und die Kürbis- Krepp-Girlanden an den Wänden.

Doch Halloween ist mehr als Kürbis. Mit Hilfe von scherenschnittartigen Szenarien auf den Tischdecken konnten Unkundige einen Schnellkurs in weiterer uramerikanischen Halloween-Tradition erhalten: das Hexen- und Geisterhaus, meist in viktorianischem Stil, das Kinder wie Erwachsene gruselt.

Da Deutsche erfahrungsgemäß unverkleidet kommen, wenn Verkleidung gewünscht ist, versuchte die Lucky-Strike-Crew der Langeweile in grauen Herbstgesichtern mit Hilfe eines Schmink- und Frisiertisches entgegenzuwirken. Das Scheitern dieses Versuches mag die Theorie untermauern, daß Deutsche inzwischen resistent gegen nordamerikanischen Kulturimperialismus geworden sind.

Alles ganz schön, aber alles auch irgendwie fade. Zu fortgeschrittener Zeit kam die Erlösung durch den Voodoo-Clown Screamin' Jay Hawkins, der auf der Bühne rockte, bis der Abend in den frühen Morgenstunden doch noch gerettet war. Elke Eckert