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Klage gegen Bundeswahlgesetz

■ Das Land Niedersachsen zieht wegen ungleicher Verteilung der Überhangmandate vor das Bundesverfassungsgericht

Hannover (taz) – Wegen der 12 Überhangmandate der CDU im neuen Bundestag will das Land Niedersachsen vor das Bundesverfassungsgericht ziehen. Ministerpräsident Gerhard Schröder kündigte gestern während einer Südostasienreise eine Normenkontrollklage gegen das Bundeswahlgesetz an, mit der die Überhangmandatsregelung auf ihre Verfassungsmäßigkeit überprüft werden soll. Mit der Klage solle nicht das Wahlergebnis, sondern die gesetzlichen Grundlagen der Wahl verfassungsrechtlich überprüft werden, betonte Schröder. Wie die Staatskanzlei in Hannover gestern mitteilte, könnte ein Erfolg der Normenkontrollklage durchaus eine Korrektur des Wahlergebnisses durch das Bundesverfassungsgericht zur Folge haben.

Nach Auffassung der zuständigen JuristInnen in der Hannoveraner Staatskanzlei hat die Überhangmandatsregelung bei der Wahl am 16. Oktober zu einem Verstoß gegen das Prinzip der Wahlgleichheit geführt. Um einen Sitz im Bundestag zu erreichen, benötigte die CDU lediglich 65.941 Stimmen, demgegenüber waren es bei den Grünen 69.859 Stimmen.

Durch die Klage Niedersachsens wird sich das Bundesverfassungsgericht bereits in einigen Monaten mit dem Bundeswahlgesetz befassen müssen. Anders als einzelne Bürger, die das Wahlergebnis anfechten, muß das Land mit seiner Klage den Ausgang des Prüfungsverfahrens für die Bundestagswahl nicht abwarten, sondern kann jederzeit Normenkontrollklage in Karlsruhe erheben. Zu rechnen ist mit der niedersächsischen Klage, die noch vom Kabinett beschlossen werden muß, in ein bis zwei Monaten. Eine einstweilige Anordnung gegen das Bundeswahlgesetz will das Land mangels juristischer Chancen allerdings nicht beantragen.

Wenn sich die Karlsruher Richter die Bedenken gegen das Bundeswahlgesetz, die offenbar auch namhafte Verfassungsrechtler teilen, zu eigen machen, dann könnten sie den jetzt beim Wahlergebnis zu kurz gekommenen Parteien nachträglich Ausgleichsmandate zusprechen. Jürgen Voges

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