Irans Parlament legalisiert Schüsse auf Demonstranten

■ Reaktion auf Unruhen in mehreren Städten

Berlin (taz) – Rechtzeitig zum Jahrestag der Besetzung der US-Botschaft in Teheran vor 14 Jahren hat das iranische Parlament beschlossen, daß bei der Niederschlagung von Demonstrationen und Unruhen Feuerwaffen eingesetzt werden dürfen. Kein Revolutionswächter, so das Parlament, dürfe künftig strafrechtlich belangt werden, wenn er zur „Wiederherstellung von Recht und Ordnung“ von seinem Gewehr Gebrauch mache. Geschossen wurde in der Islamischen Republik allerdings schon immer auf Opponenten.

Der neue Beschluß hat eine doppelte Funktion: Die Bevölkerung, der wegen der maroden Wirtschaft das Wasser bis zum Hals steht, soll eingeschüchtert werden; die Ordnungskräfte sollen zu einer schärferen Gangart gegen Aufmüpfige ermuntert werden. Denn die Reihe der Unruhen, die seit zwei Jahren die iranischen Städte heimsuchen, bricht nicht ab. Noch vor einigen Wochen gab es in den nordiranischen Städten Rudbar und Alamut sowie einigen anderen Ortschaften blutige Unruhen. Die Aufstände gegen die Mullahs begannen 1992 in der ostiranischen Stadt Maschad. Die Heilige Stadt, in der der achte schiitische Imam begraben ist, war drei Tage lang in den Händen der Aufständischen. Erst den aus Teheran herbeigeeilten Pasdaran, den Revolutionswächtern, gelang es, wieder Herr der Lage zu werden. In Täbris, Schiraz, Arak und Ghazwin steckte eine aufgebrachte Menge die Banken und Regierungsgebäude in Brand. Zuletzt jagten die Bürger in Nadschafabad nahe Isfahan die Vertreter des Revolutionsführers, eine Art von Politkommissaren, aus der Stadt und lieferten sich mit den Basidsch, paramilitärischen Trupps der Mullahs, blutige Kämpfe. Nadschafabad ist der Geburtsort des Großayatollahs Hasan Ali Montazari. Der einstige „Kronprinz“ der Islamischen Republik wurde seinerzeit von Chomeini aus Amt und Würden gejagt, weil er gewagt hatte, dem Imam wegen der Ermordung politischer Gefangener die Leviten zu lesen. Seitdem lebt der 71jährige Schriftgelehrte im Ghom unter Hausarrest. Vor drei Wochen forderte der mutige Mullah die iranische Führung auf, abzutreten. Sie habe das muslimische Volk ins Verderben geführt.

Den Mullahs schwimmen die Felle davon. Aus Furcht, sie würden die Macht verlieren, werden sie aller Wahrscheinlichkeit nach in kommender Zeit noch viel Unheil anrichten. „Habt ihr jemals erlebt“, sagte einst der iranische Staatschef Rafsandschani, nicht ohne eine gewisse Selbstironie, „daß ein Mullah etwas zurückgibt, was er einmal in der Hand hatte?“ Ahmad Taheri Seite 8