USA: Keine Gnade für Irmgard Möller

■ Bonn verweist auf Unabhängigkeit deutscher Justiz / Entlassung in zwei Wochen möglich

Berlin (taz) – Irmgard Möller beschäftigt selbst das State Department in Washington. Der Grund: die erwartete Freilassung der einstigen RAF-Aktivistin. Der Sprecher des US-Außenministeriums, David Johnson, machte am Dienstag keinen Hehl aus seiner Abneigung gegen eine solche Entscheidung. Nach Angaben der Nachrichtenagentur AP sagte Johnson, die USA vertrauten darauf, daß die deutschen Behörden die Schwere der Verbrechen Möllers in ihre Überlegungen einbezögen. Allerdings liege die Entscheidung allein auf deutscher Seite. So sieht es auch das Bundesjustizministerium. Dort geht man davon aus, „daß sich ein unabhängiges deutsches Gericht von einer solchen Intervention nicht beeinflussen läßt“. Zugeknöpft reagierte das Auswärtige Amt auf die Einmischung aus Washington. Offiziell liege in Bonn in dieser Sache nichts vor. Deshalb gebe es „auch nichts zu kommentieren“, sagte eine Sprecherin.

Irmgard Möller sitzt seit Juli 1972 eine lebenslange Freiheitsstrafe ab. Verurteilt wurde sie wegen ihrer Beteiligung an einem Autobombenanschlag auf das europäische Hauptquartier der US-Armee in Heidelberg am 24. Mai 1972, bei dem drei GIs getötet wurden. Das Attentat war Teil der sogenannten Mai-Offensive der RAF. Die damalige Anschlagserie traf vornehmlich US-Armee-Einrichtungen. „Gegen die Massenmörder von Vietnam“, hieß es damals in einem Bekennerbrief der RAF, „sind Bombenanschläge gerechtfertigt.“

Am Dienstag war in der Washington Post ein ausführlicher Beitrag über die bevorstehende Entscheidung des Landgerichts Lübeck zur „vorzeitigen Entlassung“ Möllers erschienen. Darin war die Gefangene mit den Worten zitiert worden: „Der bewaffnete Kampf war legitim.“ Gleichzeitig hatte das Blatt Details über die Verletzungen der 1972 getöteten Soldaten geschildert. Die Äußerungen aus dem State Department sind offenbar eine Reaktion auf den Artikel. Die Bonner US- Botschaft hatte gegenüber der Washington Post eine Stellungnahme zur bevorstehenden Entlassung Möllers abgelehnt. Ein Sprecher der US-Armee in Heidelberg erklärte gegenüber dem Blatt, die Entscheidung über Irmgard Möller sei allein Sache der Deutschen.

Das Landgericht Lübeck will nach Informationen der taz Anfang übernächster Woche über die „vorzeitige Entlassung“ der RAF-Gefangenen nach über 22 Jahren Haft entscheiden. Ein vom Gericht bestellter psychiatrischer Gutachter war aufgrund der vorliegenden Akten zu dem Schluß gekommen, daß „die in den Taten (Möllers; d.Red.) zutage getretene Gefahr nicht weiterbesteht“. Gerd Rosenkranz

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