Ein Edelstein auf dem Fahrradweg

■ Chemnitzer Diamant-Fahrradwerke liefern „Kultfahrräder“ / Absatz steigt

Dresden (taz) – „Diamant“ rollt gegen den Trend. Obwohl der Fahrradmarkt müde mit den Speichen klappert und bundesweit über eine Million Drahtesel ihrer KäuferInnen harren, konnte die älteste deutsche Fahrradfabrik sogar zulegen. Nach einem Umsatz von 17 Millionen Mark im vorigen Jahr erwartet die Chemnitzer Diamant GmbH nun mit dem Verkauf von 45.000 Fahrrädern einen Zuwachs auf 20 Millionen Mark und für nächstes Jahr den Endspurt in die Gewinnzone. Das 1992 privatisierte Werk setzt auf qualitativ hochwertige Räder. Geschäftsführer Hartwig Müller: „Wir verkaufen jetzt 60 Prozent unserer Produktion im Westen, 40 im Osten.“

Auf der Kölner Zweiradmesse Ifma zeigten die Chemnitzer ihr neues Faltrad. Zusammengeklappt erreicht dieser bunte Falter die Maße 85 mal 80 Zentimeter. Fünf Patente konnten die Ingenieure dafür anmelden. Aus dem Rahmen fällt auch der „Stripper“, ein Rad, das freizügig seine Lötstellen am blitzblanken Metall vorzeigt. Müller entdeckt „das neue Kultfahrrad“ immer wieder als Anreißer in den Schaufenstern der Fachgeschäfte. Nur dort, und nicht etwa in Billigmärkten, gibt es die „Diamanten“ zu kaufen.

Mit einem bisher einmaligen Pfandsystem hält das Unternehmen die Fachhändler bei Laune: Alle Räder werden in textiler Verpackung geliefert, gegen Pfand. Müll gibt es keinen, und die Fabrik spart sich Verpackungsmaterial. Die Öko-Bilanz des Chefs: „Klappt hervorragend!“

Seit 1885 werden in Chemnitz Fahrräder hergestellt. Anfangs war die Fabrik ein Tochterunternehmen der Opel AG. 1952 wurde sie zum Volkseigenen Betrieb. Neben den Mifa-Rädern bestimmten die „Diamanten“, die als die edleren Räder galten, das Geschehen auf den Radwegen und Straßen der DDR. Täve Schur, der legendäre DDR-Radrennfahrer, fuhr seine Weltmeistertitel auf diesen schier unverwüstlichen Rädern. Heute noch schwören die ostdeutschen Fahrradverleiher auf die strapazierfähigen alten Mühlen.

Neben dem Chemnitzer Hartwig Müller sind seit der Privatisierung auch die Deutsche Beteiligungsgesellschaft der Banken und die Schweizer Villiger und Söhne AG bei Diamant am Lenker. Villiger lebt von Fahrrädern und Tabak, das Unternehmen hält auch Firmen im Westen Deutschlands. Es gab eine ganze Reihe von Interessenten, erinnert sich der Geschäftsführer, „aber wir haben uns wohl für die beste Variante entschieden.“ 110 Mitarbeiter arbeiten für Diamant, einen der wenigen sächsischen Markennamen, die nicht nur einen Platz im Museum gefunden haben. Detlef Krell