Anwohner müssen draußen bleiben

■ Eröffnung der Oberbaumbrücke soll gestört werden

Mit Störmanövern wollen die Kreuzberger „Brücken-Initiative“ und mehrere Umweltgruppen den Regierenden die für Mittwoch vormittag geplante großspurige Show zur Öffnung der Oberbaumbrücke vermiesen. Bei der feierlichen Freigabe der Brücke für den Autoverkehr solle noch einmal „deutlich und laut gegen den Ausbau Kreuzbergs zum Transitbezirk“ protestiert werden, sagten Mitglieder der „Brücken-Ini“ der taz. Auf Plakaten und Flugblättern rufen sie zugleich zur Teilnahme an einer für den Nachmittag des 9. November geplanten Demonstration auf, die am Kottbusser Tor beginnen und mit einer Kundgebung auf der Brücke beendet werden soll.

Wie die taz unterdessen erfuhr, findet das vom Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) und Bausenator Wolfgang Nagel (SPD) mit Nationalhymne und einer symbolischen Straßenbahnfahrt zelebrierte Spektakel unter Ausschluß der Anwohner statt. Für die Bürger, die bereits bei der Bauplanung außen vor blieben, heißt es am fünften Jahrestag des Mauerfalls: „Wir müssen leider draußen bleiben.“ Zur Feierstunde, auf deren Höhepunkt Diepgen und Nagel nach Angaben der Senatsbauverwaltung mit einer von Pferden gezogenen Nostalgie- Tram über die Brücke gondeln, wurden 2.500 Gäste eingeladen. Unter ihnen seien vor allem Politiker, Künstler, Architekten und Journalisten, teilte Nagels Sprecher Rainer Schlichting mit. Zutritt erhalte nur, wer ein solches Papier vorweisen kann. Dafür soll ein größeres Polizeiaufgebot sorgen, das die Brücke nach Angaben eines Polizeisprechers zum Schutz vor „unfriedlichen Aktionen“ abriegeln wird.

Inzwischen hat der verkehrspolitische Sprecher von Bündnis 90/ Die Grünen, Michael Cramer, die mit viel Tamtam garnierte Brückenöffnung heftig kritisiert. Die Tram-Fahrt demonstriere eindrucksvoll, daß der im Koalitionsvertrag festgeschriebene Vorrang des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) „nur symbolhaft gemeint ist“. Eine Protestnote der besonderen Art will Kreuzbergs Bezirksbürgermeister Peter Strieder (SPD) der Eröffnungszeremonie verleihen: Er will demonstrativ mit einem Elektroboot „anreisen“. Mit der Bootsfahrt, hieß es dazu aus dem Rathaus, wolle Strieder die Notwendigkeit einer „kreativen Verkehrspolitik“ wie des in den Sternen stehenden Konzepts des ÖPNV und einer Straßenbahnverbindung unterstreichen. Die schon jetzt „unerträglichen“ Zustände am Innenstadtring, so Strieders Klage, würden ohne die Eindämmung des innerstädtischen Individualverkehrs „völlig unhaltbar“. Frank Kempe