Überraschende Wende im Tacheles-Poker

■ OFD wirft den bisherigen Favoriten ASSCA wegen unseriöser Planung aus dem Rennen / Tacheles zufrieden

Überraschende Wende im Poker um das Tacheles. Das Rennen um das „Johannishof-Grundstück“, mit dem eine Option auf das gesamte Tacheles-Gelände an der Oranienburger Straße verbunden ist, wird nun doch nicht die Firma ASSCA machen. Dies bestätigte gestern der für den Verkauf zuständige Mitarbeiter der Oberfinanzdirektion (OFD) des Bundes, Jochen Kallabis. Nach der bereits am vergangenen Freitag beschlossenen Absage an ASSCA prüfe man derzeit das Angebot des bislang zweitplazierten Bewerbers, der Kölner Fundus-Gruppe. Mit einer Entscheidung sei in etwa zwei Wochen zu rechnen.

Die Tacheles-Betreiber kommen demnach noch einmal mit dem Schrecken davon. Noch im September hatte die ASSCA, zu deren Geldgebern auch ein milliardenschwerer Scheich gehören soll, sich überraschend um das Filetgrundstück beworben und mit 210 Millionen Mark 90 Millionen mehr geboten als die Fundus-Gruppe. Im Gegensatz zu den Kölnern, die den Erhalt des Kunst- und Kulturhauses anstreben, ließ ein ASSCA- Vertreter gegenüber der Presse verlauten, „der Dreckhaufen“ müsse endlich weg.

Zwar hatte Bausenator Wolfgang Nagel (SPD) für diesen Fall angekündigt, notfalls auch planungsrechtliche Knüppel einzusetzen, die OFD als Verkäufer freilich zeigte sich davon unbeeindruckt. „Wir haben Grundstücke zu verkaufen und machen keine Kulturpolitik“, erklärte damals OFD- Sprecher John gegenüber der taz. Noch bis zum Beginn der letzten Woche wurde die ASSCA als Favorit gehandelt.

Von Beginn an hatte es jedoch auch Zweifel an der Bonität des Newcomers in der Baubranche gegeben. Offenbar zu Recht. Trotz mehrfacher Fristverlängerung konnte die ASSCA den entscheidenden Nachweis an Seriosität nicht erbringen. „Die Planung“, erklärte OFD-Mitarbeiter Kallabis, „orientierte sich im wesentlichen an dem Skanska-Projekt.“ Der schwedische Konzern, der Anfang des Jahres wegen mangelnder Investoren aus dem Geschäft ausgestiegen war, hatte jedoch noch mit Gewerbemieten in Höhe von etwa 70 Mark je Quadratmeter kalkuliert – eine Renditeerwartung, die sich bis heute nahezu halbiert hat. Außerdem, ergänzte OFD-Sprecher John, sei ihm im Gegensatz zur ASSCA unverständlich, wie man unter einem denkmalgeschützten Gebäude eine vierstöckige Tiefgarage realisieren wolle.

Zufrieden mit der Entscheidung der OFD zeigten sich gestern die betroffenen Künstler. „Von allen bisherigen Alternativen“, sagte Tacheles-Sprecher Jochen Sandig zur taz, „ist Fundus die beste.“ Zur Zeit sei man dabei, mit der Kölner Firma in einem „letter of intend“ den Forderungen des Tacheles – dauerhafte Sicherung und Selbständigkeit – eine Form zu geben. Noch freilich ist bei der OFD das letzte Wort nicht gesprochen. Für den Fall, daß auch das Prüfungsverfahren des Fundus-Angebots kein Ergebnis bringen sollte, wollte OFD-Sprecher John gestern selbst eine Neuausschreibung für das Grundstück nicht ausschließen. Uwe Rada