Ohrfeige für „Focus“

■ Gericht: So darf nicht berichtet werden

„Länger recherchieren, kürzer schreiben“ ist das Motto des Münchner Nachrichtenmaganzins „Focus“. Nach Meinung der 1.Zivilkammer des Bremer Landgerichts war die Recherche zum Focus-Bericht über Schutzgelderpressung durch angebliche Bremer PKK-Funktionäre allerdings schlampig: „Wer so weitgehend berichtet, der muß vorher gründlich recherchieren. In dieser Form darf jedenfalls nicht berichtet werden“, meinte das Gericht gestern. Es verhandelte über einen Antrag auf Erlaß einer Verfügung, die dem Magazin untersagen soll, Behauptungen über die zwei Bremer Kurden zu wiederholen (die taz berichtete mehrfach). Die Entscheidung ergeht erst in zwei Wochen, doch Focus muß mit einer Umterlassungsverfügung und einem Prozeß um Schadensersatz und Schmerzensgeld rechnen.

Das Blatt hatte in seiner Ausgabe vom 26.September über „Organisiertes Verbrechen“ berichtet und zwei Bremer Kurden als „Schutzgelderpresser“ und „Mitglieder eines Schläger-Duos“ bezeichnet. Der eine von ihnen, Sait B. war mit vollem Namen und Bild als „Brutaler PKK-Kassierer“ abgedruckt. Der Focus-Anwalt hatte argumentiert, das Magazin habe nicht behauptet, S. sei einer der Schläger, sondern „die Bremer Polizei glaube zwei Kassierer zu kennen. Damit wird deutlich gemacht, daß die Bremer Polizei keineswegs sicher weiß, daß er zu den Kassierern gehört, sondern nur einen solchen Verdacht hat.“

Es gebe aber nicht einmal ein förmliches Ermittlungsverfahren gegen S., hielt das Gericht dem Focus-Anwalt vor. Das Magazin habe sich bei dem Bericht weder an den Pressecodex des Deutschen Presserats noch an das Persönlichkeitsrecht gehalten.

Zur Frage „Wie kam das Bild mit einem Polizisten an Focus“ widersprach Said S. am Rande der Verhandlung der Behauptung, die Polizei sei zufällig bei ihm aufgetaucht. Vielmehr hätten zwei Männer vor seinem Haus auf ihn gewartet, sich im Lokal „Waller Biergarten“ mit den Worten „Wir sind von der Polizei“ ausgewiesen und sein Zimmer durchsucht. Einer der beiden sei offensichtlich der Focus-Fotograf gewesen. Der anerkannte Asylbewerber Said S. hatte 1992 aus Deutschland für das „kurdische Nationalparlament“ kandidiert, sei aber „nicht unmittelbar“ mit der PKK verbunden. bpo