CDU prüft Frauenquote

■ Jahre nachdem sie die Grünen und die taz dafür auslachten, diskutieren nun auch die Christdemokraten die Frauengleichstellung per Quotierung. Noch sind sie aber ein bißchen schüchtern und propagieren einen ...

Jahre nachdem sie die Grünen und die taz dafür auslachten, diskutieren nun auch die Christdemokraten die Frauengleichstellung per Quotierung. Noch sind sie aber ein bißchen schüchtern und propagieren einen „dritten Weg“ namens „Quorum“.

CDU prüft Frauenquote

Ein Schauspiel wiederholt sich: vom grünen Sturm über den sozialdemokratischen Drang zur christdemokratischen Prüftätigkeit. Die CDU wird, wie der Teufel nach dem Weihwasser greift, die Quote für Frauen beschließen. Sie mag auf dem Weg dahin noch ein wenig stolpern, aber es wird passieren. Denn der Partei laufen die Wählerinnen schon seit geraumer Zeit davon, in Scharen vor allem die jungen. Nur ältere Damen wählen noch die unzeitgemäßen Herren.

Nun wird, so weit ist es gekommen, eine machtpolitische Entscheidung zugunsten von mehr Macht für Frauen getroffen. Die Männer müssen sich einschränken, damit sie ihren Platz erhalten können. Zehn Jahre nach Heiner Geißlers Schlachtruf gegen den Machismo vollendet heute Helmut Kohl mit seiner Kampfansage an „patriarchale Muster“ das Werk des Ungeliebten. Rita Süssmuth versucht Angela Merkel auf Vorderfrau zu bringen. Und der Alte muß sogar noch die Jungen aufscheuchen, damit die christliche Jugend nicht päpstlicher bleibt als der Papst.

Aber ein bißchen peinlich ist es ihnen schon, und so suchen die späten Reformer nach einem „dritten Weg“ namens „Quorum“. Schließlich hatten sie die Quotierungsbeschlüsse der SPD- und Grünen- Konkurrenz stets als abwegig, schädlich und überflüssig gegeißelt.

Es ist schon wieder beeindruckend, wie die Partei der Mitte dabei in der Mitte bleibt. 24,5 Prozent der CDU-Mitglieder insgesamt sind heute Frauen, in den neuen Bundesländern sind es gar 35,5 Prozent. Im neuen Bundestag sitzen sie mit 14,7 Prozent, in der Parteispitze spielen sie nur Alibirollen in Nebenbesetzungen.

Ein Drittel der Ämter und Mandate für Frauen heißt nun das Ziel. Doch nichts soll überstürzt werden. Erstmal will man nur dafür sorgen, daß entsprechend viele Frauen zur Wahl stehen – die Wahl selbst bleibt den jeweils Wählenden überlassen (s. nebenstehendes Interview). Das Verfahren soll auf vier Jahre befristet bleiben und nur auf ausdrücklichen Beschluß dann verlängert werden. Zunächst soll diskutiert und dann erst 1995 beschlossen werden, mit Zweidrittelmehrheit.

Vorher ist mit heftigen Kämpfen noch zu rechnen, denn die Einwände sind ernst und gewichtig, so sehr sie zum Gelächter reizen. Die Berliner Politikerin Hanna-Renate Laurien findet eine Quote „demütigend“. Bundesfrauenministerin Angela Merkel protestiert, weil sie „dem Menschenbild der CDU“ nicht entspricht. Merkel hatte sich schon bei der Verabschiedung des Bundesgleichberechtigungsgesetzes vehement gegen jede direkte oder indirekte Quotierung ausgesprochen. Mit ihr drohten Dirigismus, Bürokratismus, Unfreiheit, hieß es in konservativen und Wirtschaftskreisen.

Die FAZ und ihr Gefährte Jürgen Busche bei der Süddeutschen drücken das natürlich vornehmer aus. Im Namen ausgerechnet der Biologismus-Kritik wollen sie immer wieder Freiheit und Demokratie des Grundgesetzes verteidigen. Die „Zwangsberücksichtigung“ aufgrund des Geschlechts ist „grundgesetzfeindlich“ (SZ), und das schreckt ganz besonders die „starken Frauen“ ab (FAZ). Die Tüchtige hilft noch immer sich selbst.

Es geht um viel: Würde die CDU die Quote beschließen, so würde der anhaltende Widerstand gegen „positive Diskriminierung“, die erst den grundgesetzlichen Auftrag zur Gleichberechtigung von Frau und Mann verwirklichen könnte, auf kurz oder lang in der ganzen Politik und Gesellschaft zusammenbrechen. Das zentrale Argument gegen eine neue Verfassungsbestimmung, die den Staat zum aktiven positiven Handeln zugunsten der Gleichstellung verpflichten sollte, lautete, das diskriminiere in unzulässiger Weise Männer und schränke die Freiheit ein.

Ein CDU-Quotierungsbeschluß wäre da der letzte politische Durchbruch zugunsten tatsächlich wirksamer Umbaumaßnahmen in Politik, Beruf und Familie. Ein Quantensprung in der Gleichstellungspolitik würde möglich. Dann würde sich auch ganz schnell der Vorwurf der „demütigenden Quotenfrau“ erübrigen.

Bei SPD und Grünen hat sich die Quote als ein sehr erfolgreiches und insbesondere in der Krise unerläßliches Instrument erwiesen. Trotz des ökonomischen und politischen Gegendrucks haben beide Parteien fortschreitend die Partizipation der Frauen erhöht und sich sogar im großen und ganzen an die eigenen Beschlüsse gehalten.

Die Grünen bewegen sich an der Spitze. Waltraud Schoppe erinnert sich: „Als ich 1982 in den Bundestag kam, haben die versammelten Frauen aller Parteien Quoten noch abgelehnt.“ Heute haben die Grünen nicht nur alle führenden Ämter zu 50 Prozent quotiert, sondern sind auch im neuen Bundestag zu 57 Prozent mit Frauen vertreten. Schwierigkeiten gibt es hier auf Länderebene, bei hauptamtlichen Stellen im Apparat und der Weiterentwicklung eines im weitesten Sinne feministischen Profils.

„Wenn wir die Quote nicht hätten, dann bin ich überzeugt, daß wir unseren derzeitigen Status quo bei den Mandaten nicht weiter ausgebaut hätten, sondern sogar etwas verschlechtert. Es wird selbstverständlich, daß wir zwei Geschlechter haben“, sagt Ulla Schmidt, die Vorsitzende der „Querschnittsgruppe Gleichstellung“ in der SPD. Die SPD hat innerhalb der Partei die 40-Prozent- und im Bundestag die 33-Prozent-Quote weitgehend erfüllt.

Hier hakt es insbesondere in den Ländern, vor allem zum Beispiel im NRW-Milieu, im Apparat, bei der alltäglichen Politikdarstellung und an den Spitzen der Partei. Frauen bleiben bislang die ewigen Stellvertreterinnen. Auch die Politikinhalte sind oft noch an traditionellem Denken orientiert. Wenn die sozialen Bewegungen einst den Parteien voraus waren, so scheinen sie heute eher wieder hinterherzuhinken. Sofern sie sich institutionalisiert haben, ist der Anteil der Frauen wieder geschwunden. Bei BUND oder Greenpeace etwa sind Frauen in der Minderheit. Das Problem regelt sich eben nicht von allein. Der einzige größere Betrieb in Deutschland, in dem die Quotierung annähernd verwirklicht wurde, ist nach wie vor die taz.

Quoten sind kein Ersatz für eine neue demokratische Geschlechtergleichstellung und insbesondere eine neue Arbeitspolitik insgesamt. Sie sind nur ein Mittel, um diesen Zweck zu erreichen, sie sind demokratischer Selbstzweck zugunsten gleicher Partizipation und eine Garantie, daß es in Zeiten der Krise nicht automatisch wieder rückwärts gehen kann.

Daß die Quotierung heute an Grenzen geht, spricht nicht gegen sie, sondern für mehr davon. So müßte beispielsweise auch der Abbau von Arbeitsplätzen wie jeder Neuaufbau quotiert werden. Mechthild Jansen