Sanssouci: Vorschlag
■ Interaktive Kunst über den Himmel als Kommunikationsraum
Aufzeichnung der Stimme Robert De Niros aus „Taxi Driver“
Abb.: Sabine Messner
„Ich will ein Fisch im Wasser sein und ein paar Blasen blubbern lassen“: So einfach wie Nina Hagen sollten es sich die Fische, die sich am 22. November 1993 zwischen 6.38 und 7.38 Uhr MEZ im Netz fingen, nicht machen.
Es war ja auch ein elektronisches, nämlich das bekannte InterNet, und die eingefangenen Fische dessen User. Die Zeit bezeichnete eine außergewöhnliche Konstellation des nach dem Gott des Handels und mithin der Kommunikation benannten Planeten Merkur, doch nicht astrologischen Parallelwelten galt der Fischfang, sondern einem Kunstprojekt. „Fishing for the Heavenly Body“ nennen Sabine Messner, Ursula Drees und Oliver Ionescu ihre „kreative Erforschung der Worldwide Area Networks“. In jener Stunde also waren 913 InterNet-User tätig, von denen 400 nach Zufallsprinzip ausgesuchte Nutzer textuelle, visuelle und akustische Botschaften und Informationen über das Projekt erhielten, zusammen mit der Aufforderung, sich daran kreativ zu beteiligen. Viele fühlten sich gestört, ein ganz rabiater Kanadier drohte gleich den Postmaster einzuschalten, falls er noch einmal durch heavenly mail belästigt werden sollte.
Aber auch zappeln hilft dem Fisch bekanntlich nicht. Viele nahmen allerdings das Angebot an, sich den von Messner/Drees offerierten Stern „omiUMA“ als persönlichen Kommunikationskörper einzurichten. Fotos, Gedichte, Musikfragmente, Briefe, teilweise sogar animierte Computergrafik aus Honolulu/ Hawaii, Perth/Australien, Toulouse/Frankreich oder Pittsburgh/ USA trudelten via Satelit bei der Berliner e-mail-Adresse ein.
Die Antworten auf die von den Künstlerinnen gestellte Frage nach dem Himmel als historischem Ort der menschlichen Selbstreflexion und unserer technologischen Präsenz in diesem Raum, der damit für uns ganz realer Kommunikationraum wurde, lassen sich in einer Installation in der Galerie Querformat abrufen. Der Maus-Klick ist die „Stairway to Heaven“, wenn man sich auf einem riesigen Bildschirm in der InterNet-Galaxie bewegt, die digitalen Sterne und ihre Text-Bild-Sound-Fenster zu erobern. Brigitte Werneburg
„Fishing for the Heavenly Body“, Galerie Querformat, Apostel- Paulus-Straße 33, Schöneberg, bis 20.11.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen