Betrügereien mit langer Tradition

Bestechungsskandal in England: Die Torhüterlegende Bruce Grobbelaar, jahrelang Publikumsliebling beim FC Liverpool, soll Fußballspiele verschoben und dafür kräftig abkassiert haben  ■ Von Ralf Sotscheck

London (taz) – Den Politikern im britischen Unterhaus hätte man das ja ohne weiteres zugetraut, aber einem Fußballspieler? Die Fans des FC Liverpool sind sich einig: Die Bestechungsvorwürfe des Boulevardblatts Sun gegen Bruce Grobbelaar seien frei erfunden.

Der 37jährige Torwart, Anfang der Saison nach Southampton gewechselt, soll laut Sun im vergangenen November 40.000 Pfund kassiert haben, weil er für eine 0:3-Niederlage bei Newcastle United gesorgt habe. Bezahlt habe ihn ein „Wettsyndikat aus dem Fernen Osten“, schreibt das Blatt. Grobbelaar bestreitet die Vorwürfe. Der in Rhodesien geborene Torhüter gehört zu den Großen seines Fachs: In seinen 628 Spielen für Liverpool wurde er sechsmal englischer Meister, dreimal Pokalsieger und 1984 Europapokalsieger. Er war in Brüssel dabei, als 39 italienische Fans im Heysel-Stadion starben, und er stand im Tor, als die Fans des FC Liverpool im Hillsborough-Stadion von Sheffield zu Tode gequetscht wurden.

Auf die Schliche gekommen sei man Grobbelaar durch einen ehemaligen Freund des Torwarts, behauptet die Sun. Chris Vincent habe der Zeitung vor zwei Monaten verraten, daß er dabeigewesen sei, als Grobbelaar die 40.000 Pfund von einem anderen Fußballer in London erhalten habe. Daraufhin stellte man dem Torwart eine Falle. Vincent lockte ihn in ein Hotel und erzählte ihm, er arbeite für ein anderes Wettsyndikat. Während eine versteckte Kamera das Gespräch aufzeichnete, bot er Grobbelaar 2.000 Pfund pro Woche, bis sich die Gelegenheit ergebe, ein Spiel zu manipulieren – dann sei eine größere Summe fällig. Grobbelaar steckte die erste Rate ein und sprach recht freizügig über seine Betrügereien. So beklagte er sich, daß ihm seine Mitspieler mehrmals einen Strich durch die Rechnung gemacht hätten, weil sie zu gut spielten. Auch bei seinem neuen Club Southampton soll man ihm am vergangenen Samstag 50.000 Pfund für eine Niederlage geboten haben, doch das Spiel ging 3:3 aus. Falls die Sache jemals herauskäme, würde es „mich, meine Karriere, meine Ehe und meine ganze Existenz hier zerstören“, vertraute Grobbelaar dem vermeintlichen Freund an.

Vincent hatte gemeinsam mit Grobbelaar einen Safaripark in Simbabwe betrieben, der jedoch pleite ging. Die beiden hatten sich in der rhodesischen Armee kennengelernt, als sie für die Vormacht der Weißen gegen die Guerilla kämpften. Wieviel Vincent von der Sun für die Geschichte bekommen hat, ist nicht bekannt.

Fußballwetten sind ein lukratives Geschäft in England, pro Jahr nehmen die Wettbüros fast eine Milliarde Pfund ein. Immer populärer werden Ergebniswetten: Die Buchmacherkette William Hill verdient pro Woche eine Million Pfund in diesem Bereich. Solche Summen locken natürlich Betrüger an, Bestechung hat im englischen Fußball Tradition. 1905 hätte Manchester City beinahe dichtmachen müssen, weil 17 Spieler sieben Monate gesperrt wurden, nachdem sie dem Gegner Aston Villa Geld angeboten hatten. 1964 mußten zehn Sünder sogar ins Gefängnis: Die Spieler hatten auf eine Niederlage ihres Vereins Sheffield Wednesday gegen Ipswich gesetzt und sich hundert Pfund Wettgewinn dann auf dem Spielfeld gesichert. Sollten die Vorwürfe der Sun stimmen, dann hätte Grobbelaar seine Karriere für ein Taschengeld riskiert. Bei Liverpool verdiente der Torwart 5.000 Pfund (rund 12.000 Mark) pro Woche, bei Southampton sind es immerhin noch 3.500 Pfund. Offenbar verbraucht er sein Geld aber auch zügig. Als Grobelaar im Juni – bevor er bei Southampton unterschrieb – wegen Alkohols am Steuer zu 250 Pfund Geldstrafe verurteilt wurde, erklärte er dem verdutzten Richter, daß er arbeitslos und daher zahlungsunfähig sei.