„Der Freak raucht lieber weiter wie ein Schlot“

■ Ein Kreuzberger Verein tritt für ein gesundheitsorientiertes Verhalten im Kiez ein

Die Inserate in den Stadtillustrierten sind schier unüberschaubar, kein noch so ausgefallener Kurs fehlt. Das Angebot an alternativen Heilmethoden ist groß in Berlin, und der Markt hart umkämpft. Für ausgebildete Heilpädagogen bleibt die eigene Praxis oft nur ein Wunschtraum. Um jene zu unterstützen, deren Mittel nicht zur Selbständigkeit reichen, hat sich in Kreuzberg ein Verein gegründet: „Kreativ für die Gesundheit im Kiez“. Der Verein will diesen Menschen ein Betätigungsfeld ermöglichen, erklärt die Vorstandsvorsitzende Doris Schatz. Seit März 1993 nutzen die in dem Verein zusammengeschlossenen HeilpraktikerInnen und AtempädagogInnen gemeinsame Räumlichkeiten.

„Auf dem Gebiet der alternativen Gesundheitserhaltung muß mehr getan werden“, meint Doris Schatz. Mit seinem Programm möchte der Verein zu eigenverantwortlicher Prävention mit Hilfe ganzheitlicher Methoden animieren. Dabei steht für die Mitglieder Aufklärungsarbeit an zentraler Stelle. Man will die Menschen zu einem gesundheitsorientierten Verhalten erziehen. „Das heißt nicht nur einen Kurs in Wirbelsäulengymnastik anzubieten, sondern auch die Ernährungsweise anzusprechen“, betont die Heilpädagogin. Um diesem Anspruch gerecht zu werden, bemüht sich der Verein um ein breitgefächertes Angebot. Von stiller Meditation über alle Arten von Massage, Atemarbeit bis hin zu Energie- oder Tantraarbeit.

Dennoch gelingt es nicht immer, die Menschen im Kiez auf alternative Heilformen aufmerksam zu machen. „Der Kreuzberg-Freak hat oft Vorbehalte gegen uns und sieht keine Notwendigkeit, auf seine Gesundheit zu achten. Er raucht lieber weiter wie ein Schlot“, berichtet die Vereinsvorsitzende aus Erfahrung. Allerdings gibt es ein beachtliches Potential an Leuten, die etwas für ihre Gesundheit tun wollen und darunter mehr verstehen, als nur die Abwesenheit von Krankheit.

Die Kosten für die Kurse muß in der Regel jeder selbst bezahlen, für die meisten ein großes Hemmnis, im Bereich der Gesundheitsprävention etwas für sich selbst zu tun. Immerhin werden seit einiger Zeit wenigstens manche Kurse von den Krankenkassen gefördert. Doch die Mehrheit gibt noch immer der Schulmedizin die Priorität. Auch wenn noch viele Vorbehalte ausgeräumt werden müssen, für Doris Schatz sind alternative Methoden begleitend zur Schulmedizin richtungweisend für die Zukunft. Hella Kloss