Haft und Bewährung für die Potsdamer „Sklavenhalter“

■ Angolaner wurde mißhandelt und genötigt

Potsdam (taz) – Im sogenannten Sklavenhalterprozeß von Potsdam sprach gestern die Jugendkammer ihr Urteil. Der Hauptangeklagte Christian G. wurde zu vier Jahren Haft verurteilt. Noch im Gerichtssaal wurde er verhaftet. Ingo Sch., der zum Tatzeitpunkt Heranwachsender war, bekam eine Jugendstrafe von zwei Jahren, ausgesetzt zur Bewährung von drei Jahren. In dieser Zeit muß er 100 Stunden Sozialdienst leisten. Christian G. (24) wurde der schweren Freiheitsberaubung in Tateinheit mit Nötigung, gefährlicher Körperverletzung und sexueller Nötigung schuldig befunden. Gemeinsam mit seinem Lebensgefährten Andreas Ralph T. hatte er vor zwei Jahren Silva dos Canga schwer mißhandelt und erniedrigt. „In Ingo Sch. fanden sie einen Vollstrecker des Bösen“, sagte Richter Klaus Przybilla in der mündlichen Begründung. Andreas T., der sich nach einem Geständnis am ersten Verhandlungstag das Leben genommen hat, sei der aktivere Teil gewesen. Er und Christian G., der die Taten abstritt, ließen ihren angolanischen Bekannten, der als Vertragsarbeiter in die DDR gekommen war, für sich arbeiten. Sie ließen sich den Haushalt von ihm besorgen, schikanierten ihn mit irrwitzigen Aufgaben, wie etwa dem Blankbürsten einer verrosteten Mülltonne. Auch sexuell mußte er ihnen gefügig sein.

Ingo Sch. führte die Strafen aus, die die beiden über Silva dos Canga verhängten, wenn der sich weigerte, das Befohlene auszuführen. Obgleich sich Ingo Sch. an den Quälereien rege beteiligte und sich ebenso wenig wie Christian G. gegen Andreas T. auflehnte, beurteilte das Gericht seine Taten milder. Zur Tatzeit sei er Heranwachsender gewesen, er habe sich für die dreckigste aller Arbeiten hergegeben. Das Gericht attestierte Ingo Sch. trotz seiner 21 Jahre einen „hohen Erziehungsbedarf“. Beide Urteile werden in vier Wochen rechtskräftig. Der Verteidiger von Christian G. schloß nicht aus, daß sein Mandant die Revision beantragen wird. Annette Rogalla