Duell Kunzelmann-Diepgen

■ Das Enfant terrible Kunzelmann triumphiert: Diepgen muß als Zeuge in dessen Verfahren wegen Sachbeschädigung und Widerstands gegen die Staatsgewalt aussagen

Auch wenn die Tätigkeit des Aktionspolitologen Dieter Kunzelmann eine unbezahlte ist, hat er gestern einen Erfolg errungen, der nicht mit Geld aufzuwiegen ist. Der Regierende Bürgermeister wird in der Strafsache gegen den ehemaligen AL-Abgeordneten als Zeuge geladen.

Vor dem Amtsgericht Moabit wurde gestern die Hauptverhandlung gegen Kunzelmann eröffnet. Er soll im Oktober letzten Jahres, anläßlich des ersten Spatenstiches von Daimler-Benz am Potsdamer Platz, die Windschutzscheibe des Diepgenschen Gefährts beschädigt und mit einem Ei beworfen sowie der Fahrertür eine Delle zugefügt haben. Außerdem soll er sich seiner Festnahme widersetzt haben. Daß dies so gewesen sei, schlußfolgerte gestern ein als Zeuge vernommener Sicherheitsbeamter allein aus der Tatsache, daß vier Vollstreckungsbeamte nötig waren, um Kunzelmann in die Wanne zu befördern.

Nach Widersprüchen in der Aussage des Zeugen gab Amtsrichter Lenz den Anträgen von Rechtsanwalt Christian Ströbele statt, Diepgen und seinen Fahrer als unmittelbar Beteiligte als Zeugen zu hören. Die Staatsanwaltschaft stimmte mit einer Einschränkung zu: Die beiden letzten Absätze hätten „nichts zur Sache zu tun“. Darin schreibt Ströbele, daß der Zeuge auf Befragen aussagen wird, daß er mit Beauftragten des Daimler-Benz-Konzerns besprochen habe, „Berlin zu einer autogerechten Metropole herzurichten“, und daß das landeseigene Grundstück unter dem wahren Verkehrswert verkauft worden sei, um „das Wohlwollen des Multi- Konzerns zu erhalten“.

Kunzelmann selber äußerte sich gestern nicht zu dem Vorwurf der Sachbeschädigung in Höhe von 2.373,20 Mark. Er sei jedoch „sehr überrascht“ über den zweiten Anklagepunkt. Schließlich habe er seinerseits Anzeige wegen unterlassener Hilfeleistung erstattet, nachdem er in eine Wanne geworfen worden sei, Beamte ihre Füße auf seinen Rücken gestellt hätten und er erst nach „zehn Minuten Röcheln“ ins Krankenhaus gebracht worden sei. Dieses Strafverfahren wurde jedoch eingestellt.

Bevor Kunzelmann aber das Vergnügen haben wird, seinen Sieg auszukosten, werden die Hühner im Märkischen noch jede Menge Zeit zum Eierlegen haben. Das Verfahren wurde gestern ausgesetzt und auf nächstes Jahr terminiert. Barbara Bollwahn