FDP entdeckt ihr Herz für den Denkmalschutz

■ Vor Ort informierte sich am Dienstag die FDP-Fraktion über die abrißbedrohten Gebäude in der Friedrichstadt / Historische Bebauung muß berücksichtigt werden

Die von der Demontage durch den Wählerwillen bedrohte FDP entdeckt neuerdings den Denkmalschutz. „Wir wollen im Stadtbild die Geschichte nicht vergessen“, forderte FDP-Fraktionschef Axel Kammholz am Dienstag während einer Begehung ausgesuchter Abrißobjekte im Berliner Bezirk Mitte. Man sei zwar keine Partei gegen den Bauboom, meinte dabei Axel Kammholz, doch man müsse dabei aufpassen, daß nicht die Gebäude nun kaputt gemacht würden, die von Krieg und DDR verschont geblieben seien. In Richtung des zuständigen Senators für Stadtentwicklung und Umweltschutz Volker Hassemer (CDU) forderten die Liberalen deshalb ganz kämpferisch: „Die Kaltstellung der Berliner Denkmalpflege beenden.“ Und der stadtentwicklungspolitische Sprecher der Liberalen, Wolfgang Mleczkowski, ergänzte dies: „Wenn Berlin Berlin bleiben will, muß es seine historische Mitte schützen.“

Aufgeschreckt von mittlerweile beinahe 200 Abrißanträgen im Bezirk Mitte (die taz berichtete in einer Serie) und beschäftigt mit der Suche nach dem eigenen Profil, will die FDP künftig gegen den Kahlschlag mobil machen. Als erster Schritt wurde am vergangenen Dienstag die reguläre Fraktionssitzung der Partei kurzerhand auf die Straße verlegt. Die Abgeordneten ließen sich bei auf einer Begehung mit Ernst Siebel von art:berlin, der seit Oktober Stadtrundgänge zum „Kahlschlag in Mitte“ anbietet, über die aktuellen Konflikte unterrichten. Ein „Bauboom ohne Stadtzerstörung“, so hieß es in Anbetracht des abrißbedrohten Schützenhofs oder des Bankhauses Ebeling in der Jägerstraße, erfordere vor allem eine Stärkung des Denkmalschutzes.

Die vom Senat verfolgte kritische Rekonstruktion der Stadt, sagte Kammholz, dürfe sich nicht nur auf die Stadtgeschichte und den Stadtgrundriß beziehen, sondern müsse auch die historische Bebauung berücksichtigen. Gefordert wurde deshalb, das bislang äußerst komplizierte Verfahren, mit dem denkmalwerte Bauten unter Schutz gestellt werden, zu vereinfachen. Bislang gilt in Berlin, anders als in den Altbundesländern, ein „konstitutives“ Verfahren, bei dem der Eigentümer über Einsprüche das Verfahren teilweise über Jahre hinweg verzögern kann. Ein Zustand, den selbst die Hausbesitzerpartei FDP nicht mehr hinnehmen will.

Eine Verfahrensänderung, bei der die Eigentümer nur noch benachrichtigt würden, meinte Mleczkowski, sei nicht eigentümerunfreundlich, sondern vielmehr stadtverträglich. Zwar ist ein solches „nachrichtliches“ Verfahren in der geplanten Novelle des Berliner Denkmalschutzgesetzes vorgesehen. Doch ob das Gesetz, wie ursprünglich vorgesehen, noch in dieser Legislaturperiode unter Dach und Fach sein wird, ist mehr als fraglich.

Weiterhin forderten die FDP- Abgeordneten den Senat auf, städtebauliche Erhaltungssatzungen in Gebieten zu erlassen, die unter einem „starken baulichen Veränderungsdruck stünden“. „Berlin“, meinte der baupolitische Sprecher der Fraktion Gerhard Schiela, „ist am Scheideweg.“ Das heiße aber auch, daß es noch nicht zu spät sei, einzugreifen. Uwe Rada