Black & white – Geschichten aus dem neuen Südafrika Von Bartl Grill

Der Nachbarshund schlendert gerade über die Straße. Steigt in das kleine Blumengärtchen just vor dem Bürofenster. Schaut sich kurz um. Und legt ein fettes Ei. Wie freut sich da der Korrespondent! Dieses Ereignis untermalt das Thema unseres heutigen Beitrages: Wir wollen uns dem Hund im neuen Südafrika widmen. Ein Brief des Schatzmeisters von Johannesburg ist nämlich eingegangen. Darüber steht, blaßgrün auf weiß, folgendes geschrieben: „Ansoek om Hondebelasting.“ Der Steuerantrag für Hunde, fortan Honde genannt. Jetzt schlägt die schwarze Regierung zu: Millionen von Honden, Milliarden an Steuern. 15 Rand für die ersten zwei, 55 Rand für jeden weiteren.

Das wird teuer für den Nachbarn mit den Bullterrier-Zwillingen, dem Kampfdackel und den drei Pinschern. Oder für die alte Dame, die mit ihrem lefzenden Schäferhond-Dreigespann allabendlich durch den Paterson Park fuhrwerkt und uns gerne anknurrt, wenn wir darüber Beschwerde führen, daß ihre Untiere die Luft aus unseren wertvollen UEFA-Lederball lassen wollten: „Aber Sie kommen doch aus Germany!“ – „Jawoll, Madam. Unser Parlament heißt ja auch Hundestag. Wir aber gehören zur Randgruppe der leidenschaftlichen Hundehasser.“

In Südafrika ist der Hond als solcher noch höher gestellt als in Deutschland. In der guten alten Apartheidzeit kam er privilegien- mäßig gleich hinter den weißen Herrchen und Frauchen und Kinderchen. Seine Hütte war in der Regel besser ausgestattet als die Unterkünfte der schwarzen „maids“ und „boys“. Er hatte Farbfernseher, Leibweste für den kalten Winter, Hondeshampoo von Dr. Bello und viel Ansprache. Auch wenn er hin und wieder mal ein Kleinkind riß, als Kämpfer wider den Kommunismus und gegen die „swart gevaar“ war er stets ein geachtetes Mitglied der Gesellschaft. Denn der Hond geht bevorzugt auf Schwarze los. Ein Rätsel für Hondeforscher. Rassistenhalter von Rassehonden behaupten: „Sie können Kaffern nicht riechen.“ Das traut sich jetzt niemand mehr laut zu sagen, weil der „Kaffer“ schließlich die Macht hat. Aber der Hond rangiert in der Wohlstandshierarchie immer noch weit oben. Man muß nur mal am Wochenende zu Pick'n Pay gehen. Da brechen die Einkaufswagen unter der Last des Hondefutters zusammen. Nährpillen, Fellbürsten, Flohbänder mit Halbedelsteinen – für's Kampfhondi ist das Beste gerade gut genug. Beinahe hat das Brathuhn für Patience keinen Platz mehr. Ausgaben heute: 200 Rand für den Hond, neun Rand für die Haushaltsmagd. Im Township aber hat der Hond nichts zu lachen. Dort wird nämlich von den Großen getreten und von den Kleinen getriezt und auf seine wahre Natur des zotteligen, verdreckten, hinterhältigen Streuners zurückgeführt. Unsere Freundin Andrea, die gestern ausgeflogen ist, will ihrem schneeweißen Darling ein solches Los ersparen. Ginger, der Hond, jettete ins Dackelland Bayern mit. Sein Flugticket hat schlappe 4.000 Rand gekostet. Dafür sind 15 Rand Steuer eingespart worden ... Wir werden jetzt den blaßgrünen Antrag ganz schnell und wahrheitsgetreu ausgefüllt an den Stadtkämmerer zurückschicken: Ek sertifiseer dat daar geen honde op hierdie perseel is nie – Auf unserem Anwesen ist kein Hond. Nie nicht. Hondertprozentig.