Stabiles Siechtum im deutschen Wald

■ BUND-Zahlen zum Baumsterben / Tannen in Hessen statistisch gestrichen

Berlin (taz) – Bald ist die tausendjährige Eiche nur noch Legende: Ein gefährlicher Giftmix aus Autoabgasen und anderen Schadstoffen in Luft und Boden bereitet dem Baum den Garaus, lange bevor er sein natürliches Höchstalter erreicht hat. Schon zweihundertjährige Exemplare haben mittlerweile Seltenheitswert, jede zweite Eiche über 60 Jahre ist schwer geschädigt.

Das geht aus dem Waldschadensbericht hervor, den der Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) auch in diesem Jahr erstellte. Gestern, eine Woche vor Veröffentlichung des „Waldzustandsberichtes“ der Bundesregierung, zog der Forstwirt und BUND-Vorsitzende Hubert Weinzierl, die Schadensbilanz für 1994: „Stagnation auf hohem Niveau“. Seine Prognose: Der Trend wird anhalten.

Die Koalitionsverhandlungen seien in punkto Umwelt die dünnsten seit Einführung der Umweltpolitik überhaupt, sagte der BUND-Vorsitzende und sprach von „Umweltdemontage“. Das komme auch in der Neubesetzung der Ministeriumsspitze zum Ausdruck. Nach Töpfer, einem international renommierten Umweltpolitiker, werde nun Angela Merkel als Erfüllungsgehilfin des Kanzlers eingesetzt.

Zwei von drei Bäumen gelten als geschädigt, jeder vierte ist schwer krank. Das ergeben die Daten der Länder, die dem BUND- Bericht zugrunde liegen. Bei der Eiche, deren langfristige Schädigung erst im vergangenen Jahr deutlich wurde, klingen die Meldungen noch bedenklicher: Zwei von fünf gelten inzwischen als schwerkrank.

UmweltschützerInnen befürchten, daß der Trend einer vergleichsweise langsamen, aber drastischen Schädigung vor allem der alten Bäume anhält. Für die Tanne hat sich eine derartige Befürchtung bereits bestätigt, sie gilt als Giftopfer Nummer eins: In Hessen wird der Nadelbaum wegen des geringen Bestandes schon gar nicht mehr separat erfaßt und in Bayern starb seit 1970 rund die Hälfte des Bestandes ab.

Daß die waldreichen Bundesländer Bayern und Baden Württemberg in den vorgelegten Daten dennoch keinen Grund zur Beunruhigung sehen wollen, kritisierte der forstpolitische Sprecher des BUND, Helmut Klein: „Wir sollten den Verlust unserer Wälder ehrlich diskutieren“, forderte er. Dies sei um so wichtiger, als in der offiziellen Schadensbilanz Waldverluste dann nicht entsprechend auftauchten, wenn Schädlinge oder Trockenheit am Werke waren. Dabei stürben Bäume immer häufiger nicht an den unmittelbaren Folgen von Luftschadstoffen, sondern an deren Auswirkungen auf das gesamte Ökosystem. Eva Rhode