Einer kam nicht durch

■ Der Müllhändler Ludwig Gaum ist zu sieben Monaten Haft verurteilt worden

Memmingen (taz) – Er war schon jemand, der Ludwig Gaum. Wer nicht Bescheid wußte, lernte es schnell. Kreisrat war er, Mitglied im Umweltausschuß, Gemeinderat und Vorsitzender der CSU von Benningen. Ohne Kleingeld in der Hosentasche ist er nie ausgegangen. Die Kinder auf der Straße hat er dann gefragt, ob sie wissen, wer er denn sei? „Sie sind der Herr Gaum“, haben sie gesagt, „der reichste Mann im Dorf.“ Recht so war das, dafür bekamen sie ein paar Münzen geschenkt, sie erzählen noch heute davon.

Wahr ist nun aber nicht nur diese schöne Geschichte. Wahr ist auch, daß Ludwig Gaum am Donnerstag dieser Woche vor dem Amtsgericht in Memmingen echte Tränen geweint hat. 65 Jahre alt ist er jetzt, um ein mildes Urteil hat er bitten wollen. Der Richter hat es nicht verstanden. Er hat ihn zu sieben Monaten Haft verurteilt.

Der Staatsanwalt hatte elf Monate gefordert. Die Strafe ist auf Bewährung ausgesetzt. Alle seine Ämter ist Ludwig Gaum losgeworden, und alle seine Freunde mögen sich ihn nun gar nicht mehr an ihn erinnern. Dabei kannte ihn einst sogar Franz Josef Strauß. Wenn sich die niederbayerische CSU sich zur politischen Klausur zurückzog – und das war jedes Jahr einmal nötig – dann trafen sich die Herren in Gaums Ferienhaus im stillen Weitenauer Tal. Zeiten waren das.

Nur betrieb Ludwig Gaum Mülldeponien, und eine Anlage zum Sortieren der Abfälle, die er eigentlich nicht betreiben durfte. Eine Grube war von Amts wegen längst geschlossen, als Gaums Lastwagen ihre Fuhren immer noch dort abkippten. Was unter dem Schutt war, wußte keiner so genau. Zehn Jahre ging alles gut. Ein Gutachten, das eine „erhebliche Gefährdung des Grundwassers“ nachwies, konnte dann aber nicht mehr verschwiegen werden. Die Gemeinde Benningen mußte ihre Trinkwasserversorgung stillegen, und Gaum selbst verlor seine Lizenz als Transporteur für Müll.

Ein neuer Geschäftsführer und sein Sohn betreiben das Unternehmen weiter. Aber sie leiden unter einem sinkenden Umsatz, auch das bat Firmengründer Gaum zu bedenken, als er sich vor dem Strafrichter rechtfertigen mußte. Schlimmes habe er nie im Sinn gehabt, die Müllkippe von Benningen, ja nun, die habe er eben rekultivieren wollen.

Das hat ihm jetzt keiner mehr glauben wollen. Ein Grüner war er ja nie, und die Kriminalpolizei hat ausgerechnet, daß er etwa 300.000 Mark dafür kassiert hat, daß er den Müll seiner Kunden auf landschaftspflegerische Art beseite geschafft hat. Ob er gegen das Urteil des Memminger Amtsgerichts Berufung einlegen will, weiß er selbst noch nicht. Klaus Wittmann