Wole Soyinka entkommt dem Militärregime Nigerias

■ Literaturnobelpreisträger nach Paris geflohen

Paris (dpa/taz) – Wole Soyinka, der nigerianische Literaturnobelpreisträger von 1986, hat endlich die Behörden seines Landes überlisten können, die ihn seit Monaten im Lande festhielten und ihm mehrmals die Ausreise verweigerten. Soyinka hält sich jetzt in Paris auf. Er hatte am Wochenende Nigeria heimlich verlassen. Aus französischen Diplomatenkreisen war zu erfahren, daß der Autor über den Nachbarstaat Benin ausgereist sei, wo er ein französisches Visum bekommen habe.

Gestern kritisierte Soyinka auf einer Pressekonferenz Versuche der Machthaber in seiner Heimat, ihn und andere Intellektuelle mundtot zu machen. Die Veröffentlichung seiner beiden letzten Werke sei von den Behörden behindert worden. Seine Heimat sei ein Pulverfaß und ein Hort der Anarchie, in dem die Verfolgung von Minderheiten, Sondergerichte und Verhaftungen ohne Anklagen an der Tagesordnung seien. „Der Rhythmus der Unterdrückung hat zugenommen“, meinte Soyinka, der vor allem der ehemaligen Kolonialmacht Großbritannien vorwarf, beim Beharren auf der Einhaltung von Menschenrechten in Nigeria zu lasch zu sein. Er habe Nigeria verlassen, weil er nicht die Liste der Geiseln verlängern wollte, sagte der Schriftsteller.

Soyinkas Entkommen ist sicher auch dem beharrlichen Drängen des Schriftstellerparlaments zu verdanken, das seinen Fall immer wieder der französischen Politik vorgelegt hat. Ob sich Soyinka in Frankreich niederlassen will, ist unbekannt. Er hat noch kein Asylersuchen gestellt. Soyinka, der bereits am Sonntag Unesco-Generalsekretär Federico Mayor getroffen hatte, kündigte Aufenthalte in Straßburg, London und Atlanta in den USA an. Mayor hatte ihn im September zum „Botschafter des guten Willens“ der Unesco berufen, wodurch sich Nigerias Militärjunta allerdings nicht hatte beeindrucken lassen: Sie nahm im Paß und Unesco-Papiere trotzdem ab. jl