Fall für Rechnungshof

■ Schulsenator gesteht Überhang von 40 Stellen an Sportschulen ein, will aber zusätzlich Lehrer einstellen

Die Schulverwaltung arbeitete diesmal schnell. Erstmals gelang es Senator Jürgen Klemann (CDU), nur zweieinhalb Monate nach Schuljahresbeginn eine Lehrerbedarfsberechnung für die drei Sportoberschulen im Ostteil der Stadt vorzulegen. Die Schulen waren einst Kaderschmieden des DDR-Sports und erfreuen sich seit der Vereinigung der besonderen Fürsorge des Senators, der den sportlichen Nachwuchs protegiert und eine Übergabe an die Bezirke erfolgreich hinauszögerte.

Wie Klemann jetzt dem Unterausschuß Stellenplan des Abgeordnetenhauses mitteilte, gibt es an den Schulen einen Überhang von 42 Lehrerstellen. In der Berechnung des Senators ist bereits ein Mehrbedarf für die „konzeptionellen Festlegungen“ der Sportschulen und aufgrund der kleinen Klassenzimmer berücksichtigt. Spitzenreiter ist die Werner-Seelenbinder-Schule in Hohenschönhausen mit 30 Überhangstellen, am Prenzlberger Coubertin-Gymnasium gibt es zwölf Lehrer mehr als nötig. Einzig die Flatow-Oberschule, deren Mittelstufe zwei Jahre vom Bezirksamt Köpenick verwaltet wurde, hat den Überhang abgebaut.

Klemann weigert sich aber nicht nur, den Überhang abzubauen — im Gegenteil. Wegen Lehrermangels in einzelnen Fächern und „zur Sicherung der Profilbildung“ in bestimmten Sportarten hält er es sogar für „unbedingt erforderlich“, zusätzlich zwölf Lehrer einzustellen.

„Toll“ findet die bündnisgrüne Abgeordnete und Ex-Schulsenatorin Sibylle Volkholz an dem Schreiben des Senators nur, „daß nach drei Jahren nunmehr eine Überhangliste erarbeitet wird“. Während der Lehrerüberhang an allen anderen Ostberliner Schulen zusammen in den letzten Jahren um 400 auf nur noch 140 abgebaut wurde, bestehe an den Sportoberschulen „im Grunde ein Überhang von 100 Stellen“. Ebensowenig habe es eine Durchmischung des Personals gegeben: „An den Schulen sitzt das Kollegium aus DDR- Zeiten.“

Sollten Versetzungen nicht möglich sein, schlägt Volkholz das „Brandenburger Modell“ vor, nach dem alle Lehrkräfte nur noch 80 Prozent des Deputats arbeiten. Auch am niedrigen Kostenbeitrag für den Internatsbetrieb stößt sich die Abgeordnete. Während die Eltern für das einzige andere Internat Berlins, die Reinickendorfer „Schulfarm Insel Scharfenberg“, 685 Mark im Monat zahlen müßten, kämen sie an den Sportinternaten mit durchschnittlich 200 Mark davon. Senator Klemann ist aber nicht mehr der einzige, der sich um die Sportoberschulen kümmert. Inzwischen prüft auch der Landesrechnungshof, dessen Präsident Horst Grysczyk im Frühjahr einen Bericht vorlegen will. Ralph Bollmann