Tunnel endet im Finanzierungsloch

EU-Verkehrsminister wollen unbedingt den Brenner untergraben – ohne die notwendigen Milliarden zu haben / Österreichs Umweltschützer wehren sich gegen das Eisenbahn-Großprojekt  ■ Von Felix Berth

Die europäischen Verkehrsminister wollen auf Biegen und Brechen einen gigantischen Eisenbahntunnel durch die Alpen graben. Trotz ungeklärter Finanzfragen und Protesten von Umweltschützern haben die Verkehrsminister von Itailen, Österreich und der Bundesrepublik gestern in einem „Memorandum“ erklärt, den Brenner-Tunnel unbedingt bauen zu wollen.

Der Eisenbahntunnel soll vom österreichischen Innsbruck bis zum italienischen Franzensfeste führen. Genaue Kosten sind zwar noch nicht bekannt, doch Experten der EU rechnen mit mindestens 25 Milliarden Mark für die 68 dunklen Kilometer durchs Gebirge.

Doch woher die Milliarden für den Tunnel kommen sollen, ist völlig unklar. Bundesverkehrsminister Matthias Wissmann (CDU) sagte gestern in Brüssel, Deutschland könne sich an diesem „größten Verkehrsprojekt der Welt“ nicht beteiligen. Man müsse deshalb versuchen, private Investoren zu gewinnen. Doch das gelingt nur, wenn die Rendite stimmt, was allerdings schwierig werden dürfte. Denn solche Tunnels lohnen sich erst nach Jahrzehnten. Die Schweiz rechnet bei ihren Alpentunnels mit einer Frist von 60 Jahren, weshalb man dort gar nicht erst nach privaten Geldgebern sucht. Eine weitere Möglichkeit wäre, die Investoren durch den Staat zu unterstützen. Diese Variante brachte EU-Kommissar Henning Christophersen gestern in Brüssel als Möglichkeit ins Spiel. Doch das ähnelt dann sehr der Staatsfinanzierung, die angeblich keiner will.

Der ehrgeizige Zeitplan der Kommission ist inzwischen auch kaum noch ernst zu nehmen. Im Dezember sollte ursprünglich die Entscheidung über die Finanzierung fallen. Doch die Euro-Parlamentarier, die bei diesem Projekt mitreden dürfen, haben die Vorlage von Kommissar Christophersen gestern zurückgewiesen. „In diesem Jahr kommt keine Entscheidung mehr“, prophezeit der SPD-Europarlamentarier Klaus Rehder.

Umweltschützer hoffen nun, daß der Tunnel an den Finanzproblemen scheitert. Denn viele Umweltgruppen fürchten, daß der Tunnel die Situation in den Alpen nicht verbessert. „Der Tunnel hat als einzigen Vorteil den Lärmschutz“, meint Karlheinz Rößler, der für einige Umweltgruppen ein Gutachten zum Brenner-Tunnel geschrieben hat. Daneben stehe allerdings eine lange Liste von Nachteilen: massive Eingriffe ins Grundwasser, riesige Mengen Erdaushub, weil die Tunnels ja für Hochgeschwindigkeitszüge gebaut werden, und schließlich der gigantische Energieverbrauch beim Bau.