Deutsche Waffen für Indonesiens Aufrüstung

■ Interview mit dem indonesischen Menschenrechtler Indro Tjahjono

Indro Tjahjono, Vizepräsident der indonesischen „Front zur Verteidigung der Menschenrechte“, ist zur Zeit auf Einladung der Kampagne gegen Rüstungsexporte des Bundeskongresses entwicklungspolitischer Aktionsgruppen (BUKO) in Europa, um für ein Rüstungsembargo gegen das indonesische Militärregime zu werben.

taz: Deutschland verbietet Rüstungsexporte in Krisengebiete. Nach Indonesien wurden aber immer wieder Waffen, insbesondere Kriegsschiffe exportiert. Ist Indonesien kein Krisengebiet?

Indro Tjahjono: Deutschland betreibt einen lebhaften Waffenhandel mit Indonesien. 39 Kriegsschiffe der ehemaligen DDR-Armee werden seit 1989 umgerüstet und in mein Land geliefert. Solche Waffenlieferungen wirken sich auf die politischen Machtverhältnisse in Indonesien aus. Mehr Waffen verhelfen dem Militär zu mehr Macht – nicht nur im Land selber, sondern auch in der ganzen südostasiatischen Region. Das wiederum führt zu weiterer Hochrüstung auch in den Nachbarländern. Spätestens damit wird die ganze Region zum hochbrisanten Krisengebiet.

Bisher ist sie es noch nicht?

Doch, es gibt eine ganze Reihe regionaler Konflikte. Indonesien hat beispielsweise Grenzkonflikte um einige Inseln mit Malaysia, Vietnam, China und den Philippinen. Außerdem gibt es noch den speziellen Konflikt Ost-Timor. Insbesondere in diesem Konflikt werden die Kriegsschiffe der NVA eingesetzt.

Was liefert Deutschland außer Kriegsschiffen?

Panzer, U-Boote und Geld für die militärische Ausbildung. Seit die USA nach dem Massaker in Ost-Timor die Rüstungsexporte nach Indonesien stoppten, bemüht sich das indonesische Militär um europäische Waffenlieferungen.

Haben Sie Informationen darüber, wann solche importierten Waffen in internen indonesischen Konflikten eingesetzt wurden?

Das ist generell sehr schwierig. Bei internen Auseinandersetzungen ist es fast ausgeschlossen, Fotos zu machen, die den konkreten Einsatz bestimmter Waffen beweisen könnten.

Fordern Sie neben dem Rüstungs- auch ein Wirtschaftsembargo?

Die europäischen Länder müssen wählerischer mit ihren Exporten werden. Die Wirtschaftsbeziehungen müssen viel stärker an die Einhaltung der Menschenrechte geknüpft werden. In diesem Sinn würde schon die Drohung mit einem Wirtschaftsembargo schnelle Wirkung zeigen. Es gibt in Indonesien bereits eine erstarkende demokratische Bewegung. Und die könnte davon profitieren.

Kann ein Embargo nicht den Effekt haben, daß die isolierte Militärregierung sich um so härter gegen die innenpolitische Opposition richtet?

Ja, es ist wahrscheinlich, daß das Suharto-Regime durch solch ein Embargo repressiver würde. Aber ich hoffe, daß die Abhängigkeit der Länder untereinander inzwischen so groß ist, daß sich am Ende doch die wirtschaftliche Logik durchsetzt, so wie wir es in Südafrika erlebt haben. Interview: Dirk Asendorpf