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Mannheimer Skandal-Richter bleiben im Amt

■ Nach kurzer Schamfrist kehren Orlet und Müller auf ihre Posten zurück

Berlin (taz) – Am Ende ist der Skandal perfekt: Die Mannheimer Richter Rainer Orlet und Wolfgang Müller dürfen ihre Richterposten behalten. Und das, obwohl sie in einem ihrer Urteile eine regelrechte Laudatio auf den NPD-Vorsitzenden Deckert gehalten hatten. Das Präsidium des Landgerichts Mannheim teilte gestern mit, daß an der personellen Besetzung der Sechsten und der Ersten Großen Strafkammer nichts geändert wird. Mit anderen Worten: Müller und Orlet bleiben Vorsitzende ihrer Kammern, Orlet wird wieder Berichterstatter der Sechsten Kammer.

Die Sechste Große Strafkammer hatte den NPD-Vorsitzenden Deckert am 22. Juni wegen Volksverhetzung und Aufstachelung zum Rassenhaß zwar zu einer einjährigen Bewährungsstrafe verurteilt. In der Urteilsbegründung hatten Müller und Orlet den NPD-Chef aber als „charakterstarke, verantwortungsbewußte Persönlichkeit mit klaren Grundsätzen“ bezeichnet. Vor allem diese Formulierung löste breiten Protest aus. Das Urteil beschäftigte nicht nur den Bundestag – der Staatsanwalt, der im Deckert-Prozeß die Anklage führte, wollte sogar prüfen, ob nicht die Urteilsbegründung selbst strafbare Äußerungen enthalte.

Nach den empörten Reaktionen aus aller Welt hatten sich die Richter erst einmal krank gemeldet. Mitte August wurden sie vom Gerichtspräsidium „infolge dauernder krankheitsbedingter Verhinderung“ abgelöst und durch Kollegen ersetzt. Nach seiner „Gesundung“ kehrte Ende September dann zuerst Müller und Mitte November Orlet auf seinen Posten zurück.

Dürftig fiel gestern die Begründung des Gerichtspräsidiums aus: „Über die Gründe, die das Präsidium zu seinem Beschluß bewogen haben, kann nichts mitgeteilt werden, da die Sitzungen des Präsidiums nichtöffentlich sind und dem Beratungsgeheimnis unterliegen.“ Wolfgang Gast

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