„Die meisten Professoren sind Arschlöcher“

■ FU-Studenten diskutierten über Theorie und Praxis „gemeinsamen Widerstands“

Am Ende stand die Medienschelte. „Eher nostalgischer Spott als ernsthafte Aufmerksamkeit“, so klagte die Moderatorin der Abschlußveranstaltung, habe die Berichterstattung über den Kongreß „Zwischen Koma und Amok – Tatort Hochschule“ geprägt, den der Asta der FU diese Woche veranstaltet hat. Ob tatsächlich Nostalgie aufkam, darüber ließe sich streiten. Für den Spott dagegen sorgten schon die TeilnehmerInnen, auch wenn ihnen selbst der Humor bisweilen abging.

So fand Jutta Ditfurth während der Diskussion über „Perspektiven gemeinsamen Widerstands“ das be in des „SDS-Kavaliers“ im Gewand des Weihnachtsmanns offenbar überhaupt nicht komisch. „Weihnachten ist ein christliches Fest“, belehrte sie das Publikum, und das Christentum scheint in ihren Augen eine ernste Sache zu sein. Wer darüber nicht schmunzeln kann, gehört womöglich zu den „Leuten, die noch nie 'n blauen Band in der Hand hatten“. Solche theoriefernen Kreaturen, weiß Ditfurth, „verspießern oder landen in den Fallen dieses Staates“. Zu diesen Fallen zählt sie beispielsweise „die Grünen mit ihren Juso- Argumenten“ oder die PDS als „staatstragende reformistische Partei“.

Uschi vom Antiolympischen Komitee (AOK) fand es dagegen „nicht so gut, sich die ganze Zeit über Grüne und PDS auszulassen“. Auch die Theorie nimmt sie nicht so wichtig. „Also, ich war da ja antiolympiamäßig tätig, und das hat mir unheimlich Spaß gemacht“, beschrieb sie ihre Motivation.

Oliver Tolmein mußte als Chefredakteur der Jungen Welt noch schnell einen Kommentar zur bevorstehenden Freilassung Irmgard Möllers schreiben, weshalb die Diskussion eine halbe Stunde später begann als angekündigt. Der Rechtsausleger auf diesem Podium verlieh der Debatte so etwas wie intellektuellen Tiefgang, als er auf die „Haken und Ösen im eigenen politischen Handeln“ hinwies und das simple Rechts-Links- Schema Jutta Ditfurths unter Verweis auf die Euthanasiedebatte und den „imperialistischen Schweineprozeß“ gegen die ex-jugoslawischen Kriegsverbrecher in Den Haag durcheinanderwirbelte. Seine Schlußfolgerung: „Man schadet der Linken auf jeden Fall nicht, wenn man die Junge Welt abonniert.“

Folgt man diesem Rat, kann man jedenfalls „ziemlich viel Müll über F.e.l.S.“ lesen, erklärte ein Vertreter dieser Gruppierung. Eine der Errungenschaften von „Für eine linke Strömung“ sei es gewesen, sich in der „Antifaschistischen Aktion – Bundesweite Organisation“ (AABO) organisiert zu haben, verkündete er mit ernster Miene unter dem Gelächter der ZuhörerInnen, die bereits in Scharen den Hörsaal verließen.

Eigentlich hatte der Kongreß recht vielversprechend begonnen. Zwar ließ das Thema der Eröffnungsveranstaltung, „,Die Uni muß sparen‘ – Muß die Uni sparen?“, eine Fortführung der Berliner Haushaltsdiskussionen befürchten, doch öffnete der Hamburger Ex-Grüne Thomas Ebermann wieder den Blick fürs Wesentliche. „Wer die ganze Uni für seine Zwecke gewinnen will, wird immer bei bürgerlicher Ideologie landen“, zerstörte er sogleich die verbliebenen studentischen Illusionen, „die Mehrheit der Professoren werden immer Arschlöcher sein“. Vielmehr gelte es das Recht zu verteidigen, „daß ich mich in einem Semester, in dem ich schlecht drauf bin, nach Gomera zurückziehen muß. Ihr müßt kämpfen für einen Zustand, in dem das Studium ein verhältnismäßig angenehmer Lebensabschnitt mit verhältnismäßig wenig Streß ist.“ Warum er denn ausgerechnet in die Uni gekommen sei, um Selbstverwirklichung zu predigen, wollte ein Zuhörer von ihm wissen. Auch da hielt er es mit der Offenheit: „Das kann man nicht darauf beschränken, aber ohne das Honorar wäre ich nicht hier.“ Ralph Bollmann