Bleiberecht nur im Einzelfall

■ Behörden dürfen wieder Kurden in die Türkei und Flüchtlinge aus Restjugoslawien abschieben

Magdeburg (taz) – Der Abschiebestopp für Flüchtlinge aus Kurdistan und Restjugoslawien besteht nicht mehr. Die Innenminister des Bundes und der Länder konnten sich bei ihrer Tagung am Donnerstag und Freitag insbesondere wegen der sturen Haltung Bayerns nicht auf ein einheitliches Verfahren einigen. Nachdem die auf sechs Monate befristeten Sonderregelungen einiger Bundesländer jetzt auslaufen, dürfen die Ausländerbehörden kurdische Flüchtlinge wieder in die Türkei zurückschicken. Ein Bleiberecht könne nur im Rahmen einer Einzelfallentscheidung ausgesprochen werden, sagte Nordrhein- Westfalens Innenminister Herbert Schnoor (SPD).

Nach wie vor sei aber ungeklärt, wie die Behörden in der Türkei mit zurückgeschobenen Kurden umgehen, sagte Schnoor. „Wir werden deshalb jetzt eine Expertengruppe aus Nordrhein-Westfalen in die Türkei schicken, um das Schicksal abgeschobener Kurden zu eruieren.“

Auch die Abschiebung von Migranten aus Restjugoslawien ist zumindest formal nicht mehr tabu. Ganz egal, ob es sich um Deserteure und Kriegsdienstverweigerer oder ob es sich um Albaner aus dem Kosovo handelt, niemand genießt als Gruppe einen Schutz vor Abschiebung. Allerdings stehen die Behörden bei Abschiebungen vor großen Problemen. „Restjugoslawien besteht auf dem Abschluß eines formalen Rücknahmeabkommens“, sagt Bundesinnenminister Manfred Kanther. „Wegen des nach wie vor bestehenden UNO-Embargos kann Deutschland ein solches völkerrechtliches Abkommen derzeit aber nicht abschließen.“ Dennoch wollen die Behörden in Nordrhein-Westfalen demnächst solche Immigranten abschieben, die in der Bundesrepublik straffällig geworden sind. „Wenn das mit denen nicht klappt, brauchen wir in absehbarer Zeit über andere Gruppen gar nicht zu reden“, sagt Schnoor.

Schleswig-Holsteins Innenminister Peter Bull (SPD) plant eine Bundesratsinitiative zur Änderung des Ausländergesetzes. Danach soll für das Einvernehmen zur Verhängung eines bundesweiten Abschiebestopps für bestimmte Flüchtlingsgruppen künftig nicht mehr die Zustimmung aller 16 Länder nötig sein. Kanther machte aber klar, daß auch bei einer Zustimmung aller Länder das letzte Wort bei ihm liege. „Bei Restjugoslawien hätte ich einem Abschiebestopp niemals zugestimmt“, sagte er. „Die meisten Betroffenen werden von Gangstern hergelockt und hier ausgebeutet. Davor wollen wir sie bewahren.“ Eberhard Löblich

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