Belebender Frühstart?

■ Markus Wegner mischt sich in Schulgesetz-Debatte ein / Raab: Noch kein Thema für die Politik Von K. Kutter

Fein, sagten fast alle, die sich bisher zum Anfang November veröffentlichten Schulgesetzentwurf der Senatorin Raab äußerten, die damals eine „angeregte und breite Diskussion“ erhoffte. Sogar die Statt-Partei Abgeordnete Rotraut Meyer-Verheyen lobte das Werk als „Schritt in die richtige Richtung“ und begrüßte speziell die gesetzliche Verankerung der „verläßlichen Halbtagsgrundschule“.

Doch jetzt ist erstmal Schluß mit Harmonie. Markus Wegner setzte sich ans Faxgerät und tat genau das, wofür ihn seine Partei-Kollegen als Fraktionschef geschaßt hatten: Der Vater von Kindern, die demnächst in die Schule kommen, mischte sich ein in die Schulpolitik. Das könne er auch, denn eigentlich gebe es gar keinen Beschluß, daß Meyer-Verheyen schulpolitische Sprecherin sei, sagte Wegner zur taz. Auch gebe es in der Fraktion noch „keinen Beschluß zu dieser Problematik“, er werde sich dafür einsetzen, „daß diesem Entwurf so nicht zugestimmt wird“, hinter dem er „knallharten ideologischen Klassenkampf“ vermutet, mit dem „einige in der SPD ihre Gleichmachergedanken mehr oder weniger klammheimlich durchsetzen wollten“.

Außer diesem alter Anti-Gesamtschul-Paranoia entliehenen Wortgetose enthält die mit „Presseinformation“ überschriebene Wegner-Polemik aber auch „Fragen“, die die gewünschte Debatte zumindest anregen könnten. Der Gesetzentwurf sieht unter anderem vor, Lehrpläne durch fächerübergreifende „Bildungspläne“ zu ersetzen. Ziel des schulischen Lernens soll die Stärkung von „fachlichen, personalen und sozialen Kompetenzen“, insbesondere der Erwerb von „Schlüsselqualifikationen“ (Selbständigkeit, Urteilsfähigkeit, Teamfähigkeit etc.) sein.

Diese Gewichtung paßt Wegner nicht. „In welcher Weise tritt die Wissensvermittlung hinter die sogenannten Schlüsselqualifikationen zurück“, will er wissen. Oder: „Werden den Schülern lediglich Verhaltensweisen antrainiert?“. Und: „Was nützt mir Urteilsfähigkeit, wenn ich gar nicht weiß, worüber ich urteilen soll?“ Besonders skeptisch mache ihn, daß bereits entwickelte Bildungspläne von der Behörde unter Verschluß gehalten würden: „Wenn man dieses Gesetz diskutiert, weshalb werden die Pläne nicht mit auf den Tisch gelegt?“

„Es gibt noch gar keine Bildungspläne“, entgegnet Raab-Sprecher Ulrich Vieluf. Es gebe lediglich die Diskussion an den Schulen, ob man nicht mit Bildungsplänen die Lehrpläne koordinieren soll: „Damit nicht die Fächer, sondern der Bildungsprozeß des Schülers im Mittelpunkt steht“. Überhaupt sei Wegners Vorstoß ein „Frühstart“, handle es sich bei dem Entwurf doch um ein Diskussionspapier für die Betroffenen und nicht um einen Referentenentwurf fürs Parlament. „Ich denke, die Politik sollte sich zurückhalten – jetzt sind Eltern, Lehrer und Schüler dran“, sagte Rosi Raab in der Morgenpost.

Doch Wegner läßt sich nicht abhalten: „Raab spricht nur Gruppen an, von denen sie Zustimmung erhofft“, nötig sei aber eine gesellschaftliche Diskussion.