Kuckuck für die PDS

■ Finanzamt will Wahlkampfkostenerstattung der Partei / Lothar Bisky im Hungerstreik

Berlin (taz) – In den Augen der PDS ist der Termin mit strategischer Absicht gewählt: Morgen entscheidet die Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth (CDU) über die Verteilung der Wahlkampfkostenerstattung an die Parteien für das zu Ende gehende „Superwahljahr“ 1994. Am selben Tag will das Berliner Finanzamt bei den GenossInnen 67 Millionen Mark Körperschaftsteuer eintreiben.

Hinter diesem Zeitplan vermutet die PDS eine gezielte politische Aktion des Berliner Finanzsenators Elmar Pieroth gemeinsam mit der Bundesregierung. Die PDS solle, so Parteichef Gregor Gysi gestern auf einer Pressekonferenz in Berlin, mit diesen „absurden und rechtlich fragwürdigen Steuerforderungen in den Konkurs getrieben werden, nachdem ihr Einzug in den Bundestag nicht verhindert werden konnte“.

Die Steuerschuld machte das Berliner Finanzamt am 3. November mit Bezug auf das DDR-Steuerrecht für die zahlreichen Firmen und Liegenschaften der PDS für die erste Hälfte der Jahres 1990 geltend. Obwohl es sich dabei offensichtlich um Forderungen aus dem SED-Altvermögen handelt, lehnte es die unabhängige Parteienkommission ab, den entsprechenden Betrag freizugeben. Sonst würde, so heißt es in einem Brief des Vorsitzenden, Hans- Jürgen Papier, an den Berliner Finanzsenator, „die im Einigungsvertrag gewollte Verwendung des Altvermögens der Parteien und Massenorganisationen der DDR zu gemeinnützigen Zwecken hinfällig“.

In einer einstweiligen Verfügung hatte das Berliner Finanzgericht am Dienstag einer Aussetzung der Vollstreckung des Bescheides nur für den Fall zugestimmt, daß die PDS beim Berliner Finanzamt als Sicherheitsleistung die aus Bonn zu erwartenden sechs Millionen Mark Wahlkampfkostenrückerstattung hinterlegt. Diese jedoch brauche die PDS, so Gysi, um Mitgliederdarlehen zurückzuzahlen sowie um offene Rechnungen aus dem Wahlkampf zu begleichen.

Aus Protest gegen diesen „neuen Versuch, die PDS aus der Politik zu verdrängen“, besetzten Mitglieder der PDS, darunter der Vorsitzende Lothar Bisky, gestern nachmittag die Räume der Parteienkommission und der Abteilung Sondervermögen der Treuhandstelle. Bisky und seine Getreuen traten in einen unbefristeten Hungerstreik. Ein Sprecher der Senatsverwaltung für Finanzen lehnte mit dem Verweis auf das Steuergeheimnis gestern jede Stellungnahme zu den Vorwürfen der PDS ab. Christoph Seils