„Ich war nie rassistisch“

■ Die suspendierte Bevölkerungsforscherin Charlotte Höhn rechtfertigt sich vor Publikum

Wiesbaden (taz) – „Ich war nie rassistisch – und deshalb kann ich auch keine rassistischen Äußerungen von mir gegeben haben.“ So einfach machte es sich Charlotte Höhn, derzeit vom Dienst suspendierte Direktorin des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung, als sie am Montag abend erstmals vor Publikum zu den gegen sie erhobenen Vorwürfen Stellung nahm. Das Forum bot eine Veranstaltung der Evangelischen Kirche Wiesbaden mit dem Titel „Sechs Milliarden Menschen – Bevölkerungswachstum ohne Ende?“.

In einem von der taz vor zweieinhalb Monaten in Auszügen veröffentlichten Interview hatte Höhn bedauert, daß man heute nicht mehr sagen dürfe, „daß die durchschnittliche Intelligenz der Afrikaner niedriger ist als die anderer“. „Einfach böswillig“ sei, so Höhn am Montag, wer da hineininterpretiere, sie halte Afrikaner für weniger intelligent. Das allerdings waren in Deutschland so viele, daß Höhn vorzeitig von der Weltbevölkerungskonferenz in Kairo hatte abreisen müssen und bis zur Klärung der Vorwürfe vom Dienst suspendiert wurde. Die Interviewerinnen, so Höhn vor etwa hundert ZuhörerInnen, die Historikerin Susanne Heim und die Filmemacherin Ulrike Schaz, hätten „Suggestivfragen“ gestellt. Als dann noch „unqualifizierte Angriffe“ auf den von ihr hoch geschätzten Bevölkerungstheoretiker Gerhard Mackenroth gefolgt seien, habe sie das so geärgert, daß sie ihre Antworten „nicht sauber genug formuliert“ habe. Susanne Heim hatte Höhn im Interview darauf angesprochen, daß Mackenroth noch 1953 das NS-Gesetz zur „Verhütung erbkranken Nachwuchses“ gutgeheißen habe. Das Gesetz hatte für Tausende Menschen die Zwangssterilisation bedeutet. Höhn wähnt sich im Aufwind. Ihr sei der Inhalt des Gutachtens bereits bekannt, das über sie vom Bundesinnenminister in Auftrag gegeben worden war. Das Gutachten werde sie entlasten. Und prompt stellte Höhn vor dem im Saal versammelten Bildungsbürgertum gleich noch einmal die Frage, die schon im September Behindertenverbände in Rage gebracht hatte: „Die Vermehrung von Kranken – ist das sinnvoll? Denken sie doch nur an die ganze Aids-Problematik.“ Das Publikum klatschte Beifall, der Pfarrer dankte für die „Aufklärung“. Schließlich habe man auf dem Höhepunkt der „taz-Kampagne gegen die verehrte Frau Professor“ mit ihr „gebangt und gezittert“. Klaus-Peter Klingelschmitt

Seiten 5 und 10