Kredite gegen alte Bruchbuden

Bausparen boomt in Berlin: Vor allem, um modernisieren zu können / Jede fünfte Sparmark geht an Bausparkassen / Beratung aber oft mangelhaft  ■ Von Lars Klaaßen

„Bausparen klingt vielleicht etwas konservativ. Ist Miete zahlen etwa fortschrittlich?“ fragt ein Werbespruch. „Aber wer einmal nachrechnet, wird zu dem Schluß kommen, daß Eigenheimbesitzer gegenüber Mietern langfristig im Vorteil sind“, betont Heike van Laak, Pressesprecherin der Stiftung Warentest. Sie verweist auf die neue Sonderausgabe von Finanztest: „Bauen + Kaufen“. Die Autoren analysierten, daß die Mieten in den letzten Jahren weitaus stärker gestiegen sind als die Immobilienpreise.

In der traditionellen Mieterstadt hatte das Eigenheim nie den Stellenwert erlangt, den es zum Beispiel in Westdeutschland hat. Während die Insellage West-Berlins Baukosten und Preise für Bauplätze in die Höhe trieb, sorgte im Ostteil der Stadt die Mietsubventionierung für allgemeines Desinteresse am Immobilien-Erwerb. „Der Anteil des selbstgenutzten Wohneigentums liegt im Westteil Berlins bei rund 11 Prozent gegenüber 39 Prozent in Westdeutschland“, verdeutlicht Andreas Siegmund von der Landesbausparkasse Berlin (LBS) das Gefälle.

Doch die Mietentwicklung nach der Wiedervereinigung und die spezielle Bausparförderung für die neuen Bundesländer bewirken mittlerweile eine Trendwende. Eine Umfrage der LBS im letzten Jahr belegt, daß sich die Verhältnisse in Ost und West weitgehend angeglichen haben: Zwei Drittel der Bevölkerung sind heute unabhängig von der Region bereit, mehr für die eigenen vier Wände zu tun. Das verwundert kaum, fehlen doch nach Schätzungen des Deutschen Mieterbundes rund 2,5 Millionen Wohnungen.

Ost-Mieter mit Chancen, ihre Wohnung zu kaufen

Siegmund sieht die Bausparkassen in Berlin auch im Aufwind, da vermehrt in bereits stehende Häuser investiert wird. Insbesondere in Ostberlin müssen zahllose Häuser instandgesetzt werden, viele Besitzer wollen modernisieren. Schätzungen der LBS gehen davon aus, daß rund elf Prozent der Wohnungen leerstehen, da sie wegen ihres miesen Zustands nicht bewohnt werden können.

Ein weiteres Kundenpotential für die Bausparkassen sind die Ostberliner Mieter, die ihre Wohnung von einer kommunalen Wohnungsbaugesellschaft oder -genossenschaft kaufen wollen. „Die Gesellschaften sind im Rahmen des Altschuldenhilfegesetzes verpflichtet, 15 Prozent ihres Wohnungsbestandes zu privatisieren, wobei zumeist vorgesehen ist, den Mietern ein Vorkaufsrecht einzuräumen“, erläutert der LBS-Mann. „Viele Mieter schaffen für diesen Fall Vorsorge und sparen das erforderliche Eigenkapital über einen Bausparvertrag an.“

„Wenn es um die Finanzierung der eigenen vier Wände geht, liegt das Bausparen in der Gunst der Deutschen ganz vorn“, informiert Finanztest: „Jede fünfte Mark, die derzeit gespart wird, fließt auf ein Bausparkonto.“ Alleine im letzten Jahr schlossen Bundesbürger neue Bausparverträge über eine Gesamtsumme von mehr als 136 Milliarden Mark ab. „Bausparen ist der sicherste und günstigste Weg zum Eigenheim“, versichert berufsbedingt Helga Würzberger, Bezirksleiterin der Schwäbisch Hall in Berlin: „Vor allem Leute mit geringem Eigenkapital sind mit einem Bausparvertrag gut bedient.“ Das Prinzip ist einfach: Der Kunde spart in monatlichen Raten das erforderliche Eigenkapital an. Gleichzeitig erwirbt er den Anspruch auf ein konkurrenzlos günstiges Darlehen mit gesetzlich garantierten Festzinsen von vier bis sechs Prozent.

Das Mindestsparguthaben beträgt je nach Tarif 40 oder 50 Prozent der Bausparsumme. Da dem Staat sparende Häuslebauer bis zu einem bestimmten Einkommen besonders am Herzen liegen, zahlt er mit: bis zu zehn Prozent. Bedingung dafür ist aber, daß die Beiträge von Alleinstehenden 800 Mark jährlich nicht überschreiten, 1.600 Mark sind bei Verheirateten die Grenze.

Bausparen hat jedoch auch Schattenseiten: Während der Ansparphase gibt es nur mickrige Zinsen von etwa zweieinhalb bis drei Prozent. „Günstige Darlehenszinsen allein sind deshalb kein Maßstab, um eine Bausparfinanzierung zu beurteilen“, warnt Finanztest: „Wie gut ein Bausparvertrag wirklich ist, zeigt sich nicht zuletzt daran, wie lang die Durststrecke ist und wie lange der Bausparer auf die Zuteilung der Bausparmittel warten muß.“ Eine verbindliche Zusage des Zuteilungstermins ist den Bausparkassen verboten. Nur was die Kassen einnehmen, können sie an ihre Bausparer ausschütten. Ein Einbruch im Neugeschäft kann die Bausparkassen zwingen, die Wartezeiten ihrer Kunden zu verlängern.

Wer Geld fürs Eigenheim benötigt, bevor die Zuteilung fällig ist, muß sich mit einem Zwischenkredit behelfen. „Die Überbrückung der Wartezeit ist aber nicht gerade billig“, warnt Finanztest auch hier. „Für den Zwischenkredit sind marktübliche Zinsen zu zahlen.“ Das kann teuer werden: Während das Guthaben auf dem Bausparkonto nur gering verzinst wird, kostet die Zwischenfinanzierung derzeit rund sieben Prozent.

Teuer wird's, wenn lange getilgt werden muß

„Pauschal kann gar nicht gesagt werden, ob Bausparen nun besser oder schlechter ist als zum Beispiel ein Hypothekendarlehen einer Bank oder Sparkasse“, meint Konrad Fiedler von der Berliner Bank. Entscheidende Kriterien bei dieser Finanzierungsform seien Zinssatz und Dauer der Tilgung: Je länger abbezahlt wird, um so teurer wird das Ganze. Wer sofort Baugeld benötigt, ist mit dem Hypothekendarlehen auf jeden Fall besser bedient als mit einer Sofortfinanzierung über die Bausparkassen. „Das klassische Bausparprinzip wird damit auf den Kopf gestellt“, rügt Finanztest. „Der Bauherr oder Hauskäufer erhält sofort Geld ausgezahlt und beginnt erst dann, den Bausparbetrag anzusparen.“ Die tatsächlichen Kosten der Sofortfinanzierung werden bei dieser Konstruktion systematisch verschleiert, so das Ergebnis.

„Hypothekendarlehen von einer Lebensversicherung bieten eine alternative Finanzierungsform“, offeriert Manfred Ayasse von der Allianz. „Lohnend ist dieser Weg zumeist jedoch nur für Bauherren, die weitervermieten.“ Der Trick: Nur die Zinsen des Darlehens werden abbezahlt. Die Schuld nimmt während der Laufzeit nicht ab. Darlehen und Versicherung werden so aufeinander abgestimmt, daß der Kreditbetrag am Ende der Laufzeit aus der Ablaufleistung der Lebensversicherung zurückgezahlt werden kann. Bei Vermietung können so die Schuldzinsen steuerlich abgesetzt werden. Doch auch hier erhebt Finanztest wieder einmal warnend den Finger: „Wer selbst in sein neues Eigentum einziehen will, geht hier ein höheres Risiko ein als bei einer herkömmlichen Bankfinanzierung.“

Finanztest-Spezial „Bauen + Kaufen“ von der Stiftung Warentest, Lützowplatz 11-13, 10785 Berlin