Sanssouci
: Vorschlag

■ Odyssee unter Sternen: „Die Eiligen 3 Könige“ im Wintergarten

4.564 Mitglieder der Familie Osram leuchten am Wintergartenhimmel. Wie Sterne funkeln sie herunter – da muß doch einer dabeisein, der den Weg nach Bethlehem weist, hoffen die drei Könige. Verzweifelt stehen sie auf der Treppe und starren gegen die Decke: Diesem waren sie letztes Jahr gefolgt, Niete; jenem 1968, als die Haare noch sooo lang waren; und dem anderen anno drei-drei-drei. Alles Pleiten. Sie ahnen, daß sie blinde Passagiere sind in einer Odyssee der „Eiligen 3 Könige“.

König MalÖhrchen (dem öfters am Schlappöhrchen gewedelt wird), König Baldrian und König Knappes zeigen ihre Geschenke in Varieté-Form und schlittern als Comic-Figuren tolpatschig von einer unglaublichen Geschichte zur nächsten. Sie treffen beispielsweise eine Kontoristin namens Nayakata, die in drei Meter Höhe mit ihrem Hintern auf dem Kopf aufsitzt, sich dabei schwindelerregend schnell dreht und auch noch lächelt. Unmöglich? Dabei ist das erst die halbe Kunst der phantastisch gelenkigen sogenannten „Schlangenfrau“. Unglaublich auch, was die Großvisionen vorführen: Dame hüpft Mann durch den Leib, verschwindet, verwandelt sich in einen Mann, etc. Unglaublich bescheuert vor allem ist die Macho-Inszenierung Pendragons, die jedes noch so billige Klischee zu steigern vermag: Frau ritzt Mann mit Schwert die Brust, bis das Blut rinnt. Ein Schmachten, ein Gestöhne ist das. Kein Zweifel: Hier hat ein Artistenpaar längst den Zenit überschritten, auch wenn sie als Erfinder der Copperfieldschen Magie gelten. Und auch die Brüder „The Rios“ wirken, selbst bei perfekter Körperwirbelkunst, inzwischen angestaubt und altmodisch.

Daß die Odyssee der drei Könige aber doch noch zu einer echten Vergnügungsfahrt wird, ist ihnen selbst und besonders Karl- Heinz Helmschrot zu verdanken. Der nämlich kommt vom Dorf, hatte dort keinerlei prägende Vorbilder, war laut Selbstauskunft noch niemals irgend etwas anderes als Varieté-Künstler und ist gemeinhin als Force D. Frappe bekannt und beliebt. Er hatte das Glück, mit Roncalli-Chef Bernhard Paul die Königs-Show inszenieren zu dürfen. Oder sagen wir besser: Paul hatte glücklicherweise Heinz Helmschrot zu Seite. So wurde das Varieté-Programm trotz einiger abgestanden-perfekter Nummern ein pfiffig verpacktes Vergnügen, das von der hinreißenden Komik des König Knappes alias Felix Gaudo lebt und das von der trockenen Verlangsamungs-Kunst Hans-Hermann Thielkes als König Baldrian und Chorleiter der Bundespostler (alle Feindbilder sind ganz vorzüglich getroffen!) aus dem lahmen Gleichgewicht gebracht und vom Improvisationstalent Helmschrots geadelt wird. Petra Brändle

Täglich bis Ende Januar jeweils 20 Uhr, samstags auch 23.45 Uhr und sonntags auch 15.30 Uhr im Wintergarten, Potsdamer Straße 96, Schöneberg