Fußballfans gelten als ideale Antifa-Kämpfer

■ Die britische Anti-Fascist Action geht mit Gewalt gegen Rechtsextreme vor

Die Erleichterung bei den etablierten britischen Parteien war groß, als Derek Beackon von der rechtsextremen British National Party (BNP) bei den Kommunalwahlen im Frühjahr seinen Sitz verlor. Beackon war erst ein halbes Jahr zuvor bei einer Nachwahl in den Stadtrat von Tower Hamlets eingezogen. Mit ihrer Propaganda zielt die BNP vor allem auf arbeitslose weiße Jugendliche in heruntergekommenen Vierteln mit einem hohen Anteil ethnischer Minderheiten – wie dem Londoner Eastend. Mit Beackons Niederlage sei die Gefahr von rechts gebannt, so glaubten auch Organisationen wie die Anti-Nazi League (ANL) und die Anti-Racist Alliance (ARA). Lediglich die Anti-Fascist Action (AFA), die 1985 von ANL- Veteranen gegründet wurde, wies darauf hin, daß Beackon fast ein Drittel mehr Stimmen als bei seinem Wahlsieg 1993 erhalten und nur aufgrund des britischen Wahlsystems den Sitz verloren hatte.

Die AFA bekämpft die Rechtsextremen mit einer Doppelstrategie: ideologisch und physisch. In einem Interview mit dem Guardian sagte Danny, ein „AFA-Kampfordner“, der bei Straßenschlachten bis zu 150 Leute organisiert: „Die Faschisten greifen zur Gewalt, weil sie denken, daß das funktioniert. Deshalb gibt es gar nichts Besseres, als ihnen dasselbe anzutun – nur viel schlimmer.“ In den siebziger Jahren gehörte Danny den „Reds Against The Nazis“ an, einer Gruppe von Manchester-United-Fans, die die National Front (NF) bekämpften. Auch die AFA rekrutiert in den Stadien, um der BNP, die Fußballanhänger traditionell als Zielgruppe betrachtet, das Handwerk zu legen. Die AFA- Mitglieder, die in die Stadien gehen, müssen jedoch echte Fans sein. „Es hat keinen Sinn, zum Heimspiel von einem Verein zu gehen, den man gar nicht unterstützt“, sagt Danny. Fußballfans seien geradezu prädestiniert, um in der AFA mitzuarbeiten, meint Jo: „Sie wissen, wie man mit der Polizei umgeht, sie sind mit Bandenmentalität vertraut, sie können kämpfen und sich in die Gegner hineinversetzen.“

Die AFA, die Kontakt zu Autonomen in Deutschland hat, wird von anderen antifaschistischen Organisationen wie der Anti-Nazi League wegen ihrer Gewaltanwendung heftig kritisiert. Sie reagiert darauf gelassen und hält diesen vor, daß sie am Wochenende demonstrieren und danach in ihre vornehmen Viertel verschwinden. Die AFA beruft sich bei ihren Aktionen auf die Geschichte: 1936 mußten Mosleys Faschisten ihren Marsch durch das Eastend abblasen, weil sie in der „Schlacht von Cable Street“ mit Tausenden Antifaschisten konfrontiert worden waren. Und nach dem Zweiten Weltkrieg zerschlug eine Gruppe ehemaliger britischer Soldaten jüdischen Glaubens das faschistische Union Movement.

Die Taktik der AFA besteht darin, BNP-Veranstaltungen – zum Beispiel Rockkonzerte mit Gruppen wie „Screwdriver“ – zu verhindern und die rechten Zeitungsverkäufer von der Straße zu vertreiben. Manchmal werden ein paar AFA-Leute festgenommen, einige saßen bereits im Gefängnis. Davon lassen sie sich nicht abschrecken, die Messer sind schon gewetzt: In diesem Monat findet im Eastend erneut eine Nachwahl zum Stadtrat statt, bei der auch Derek Beackon wieder kandidiert. Ralf Sotscheck, London